Kommentar
Die Geburt Christi feiern und Geschenke austauschen: Eine„unheilige Ehe“?
Von seinem Ursprung her ist das weihnachtliche Schenken zwischen Menschen die logische Antwort auf das Beschenktsein von Gott im Weitergeben der von Gott empfangenen Liebe in sichtbaren, erfahrbaren und spürbaren Zeichen.
Luis Gurndin
Der Zusammenhang zwischen der Geburt Christi und dem Brauch des Schenkens zu Weihnachten ist leicht zu erkennen. Recht gut bringt ihn das Weihnachtslied„Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“ auf den Punkt, wenn es dort in der ersten Strophe heißt: Gott, „der heut schließt auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn“. Von seinem Ursprung her ist das weihnachtliche Schenken zwischen Menschen also nichts anderes als die logische Antwortauf das Beschenktsein von Gott im Weitergeben der von Gott empfangenen Liebe in sichtbaren, erfahrbaren, spürbaren, „leibhaftigen“ Zeichen; das Bemühen, der Versuch, Gott in seiner Großzügigkeit nachzuahmen und so die Gottebenbildlichkeit, die laut Schöpfungsbericht zu unserem Wesen gehört, mit unseren begrenzten Möglichkeiten zu entfalten.
Mit unseren begrenzten Möglichkeiten!
Darin liegen Chance und Gefahr.
Die Chance liegt darin, dass wir mit dem Schenken kleine Höhepunkte, sozusagen „Farbtupfer“, in den grauen Alltag bringen können, dem wir auch in unseren besten Beziehungen nicht ganz zu entfliehen vermögen, und dass wir so bewusst oder unbewusst am Netz mit knüpfen, das uns selber trägt. Wenn wir für einander leben, heißt das ja, dass wir auch von einander leben. Die Qualität unserer Beziehungen kommt nicht daher, dass wir das unbedingt Not Wendende oder gesetzlich Vorgeschriebene für einander tun, sondern dass wir freiwillig, aus Überzeugung, aus Liebe immer wieder mehr tun, als wir müssen, ohne darauf zu spekulieren, gleich viel oder mehr zurück zu bekommen. Geschenke sind von Zeit zu Zeit beibestimmten Anlässen gesetzte Zeichen dieser Bereitschaft, die für den religiösen Menschen immer auch damit zu tun hat, dass er sich von Gott beschenkt weiß – aus Liebe, ohne eigenes Verdienst, „gratis“. Das Fest der Geburt Christi ist ein besonderer Anlass, sowohl Gott für dieses Geschenk zu danken, als auch Gott in seiner Großzügigkeit ähnlich zu werden im Beschenken von Mitmenschen.
Die Gefahr, die im Schenken liegt, hat ebenso mit unserer Begrenztheit zu tun.
Zum Einen in dem Sinn, dass das Schenken zum Ersatz dessen werden kann, was wir einander schulden, also nicht mehr zeichenhafter Höhepunkt einer gepflegten, sondern Lückenbüßer für eine vernachlässigte Beziehung, nicht mehr Ausdruck von Liebe, sondern von schlechtem Gewissen.
Zum Anderen in dem Sinn, dass ich das Geschenk zum Vehikel für etwas mache, was ich erreichen möchte, was ich bisher auf dem„Normalweg“ zwischenmenschlicher Beziehung nicht erreichen konnte – zum Beispiel die Liebe oder Freundschaft eines Mitmenschen.
Zum Dritten in dem Sinn, dass Schenken zu einem verpflichtenden Bestandteil von Geschäftsbeziehungen wird, mit dem alle Beteiligten keine große Freude haben, deraber trotzdem zum guten Ton gehört.
Zum Vierten in dem Sinn, dass alles Gute, das im menschlichen Leben leibhaften Ausdruck sucht, immer auch „leibhaftige“ Nebenerscheinungen hat, die bis zu einem bestimmten Punkt notwendig, aber auch der Versuchung der maßlosen Vermarktung ausgesetzt sind.
Alle vier Formen haben zu Weihnachten „Hoch-Zeit“.
Um beim Bild der Ehe zu bleiben: Die Feier der Geburt Christi wird und soll „unauflöslich“ mit dem Schenken verbunden bleiben. Ob diese „Ehe“ heilig oder unheilig ist, hängt davon ab, wie wir Menschen sie leben.
Homiletik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen und Beauftragter der
Diözese für Frauenseelsorge.
Text: LUIS Gurndin
Mit unseren begrenzten Möglichkeiten!
Darin liegen Chance und Gefahr.
Die Chance liegt darin, dass wir mit dem Schenken kleine Höhepunkte, sozusagen „Farbtupfer“, in den grauen Alltag bringen können, dem wir auch in unseren besten Beziehungen nicht ganz zu entfliehen vermögen, und dass wir so bewusst oder unbewusst am Netz mit knüpfen, das uns selber trägt. Wenn wir für einander leben, heißt das ja, dass wir auch von einander leben. Die Qualität unserer Beziehungen kommt nicht daher, dass wir das unbedingt Not Wendende oder gesetzlich Vorgeschriebene für einander tun, sondern dass wir freiwillig, aus Überzeugung, aus Liebe immer wieder mehr tun, als wir müssen, ohne darauf zu spekulieren, gleich viel oder mehr zurück zu bekommen. Geschenke sind von Zeit zu Zeit beibestimmten Anlässen gesetzte Zeichen dieser Bereitschaft, die für den religiösen Menschen immer auch damit zu tun hat, dass er sich von Gott beschenkt weiß – aus Liebe, ohne eigenes Verdienst, „gratis“. Das Fest der Geburt Christi ist ein besonderer Anlass, sowohl Gott für dieses Geschenk zu danken, als auch Gott in seiner Großzügigkeit ähnlich zu werden im Beschenken von Mitmenschen.
Die Gefahr, die im Schenken liegt, hat ebenso mit unserer Begrenztheit zu tun.
Zum Einen in dem Sinn, dass das Schenken zum Ersatz dessen werden kann, was wir einander schulden, also nicht mehr zeichenhafter Höhepunkt einer gepflegten, sondern Lückenbüßer für eine vernachlässigte Beziehung, nicht mehr Ausdruck von Liebe, sondern von schlechtem Gewissen.
Zum Anderen in dem Sinn, dass ich das Geschenk zum Vehikel für etwas mache, was ich erreichen möchte, was ich bisher auf dem„Normalweg“ zwischenmenschlicher Beziehung nicht erreichen konnte – zum Beispiel die Liebe oder Freundschaft eines Mitmenschen.
Zum Dritten in dem Sinn, dass Schenken zu einem verpflichtenden Bestandteil von Geschäftsbeziehungen wird, mit dem alle Beteiligten keine große Freude haben, deraber trotzdem zum guten Ton gehört.
Zum Vierten in dem Sinn, dass alles Gute, das im menschlichen Leben leibhaften Ausdruck sucht, immer auch „leibhaftige“ Nebenerscheinungen hat, die bis zu einem bestimmten Punkt notwendig, aber auch der Versuchung der maßlosen Vermarktung ausgesetzt sind.
Alle vier Formen haben zu Weihnachten „Hoch-Zeit“.
Um beim Bild der Ehe zu bleiben: Die Feier der Geburt Christi wird und soll „unauflöslich“ mit dem Schenken verbunden bleiben. Ob diese „Ehe“ heilig oder unheilig ist, hängt davon ab, wie wir Menschen sie leben.
Zur Person
Luis Gurndin, Pfarrer in Tschötsch und Tils, Ordentlicher Professor für Pastoraltheologie undHomiletik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen und Beauftragter der
Diözese für Frauenseelsorge.
Text: LUIS Gurndin