Sonderthema

Kinder stärken – mit Herz, Hirn und Haltung

Warum Entspannungs-Pädagogik und Positive Psychologie heute unverzichtbar sind
Christiane Hosemann, Messel, Gründerin und Ausbildungsleiterin von Kids Relax, systemische Beraterin und Familien-Therapeutin, Entspannungspädagogin, Stress- und Burnout-Coach, Dozentin für Entspannungs- und Achtsamkeitstraining, Yogalehrerin
Kinder spüren, was in der Welt los ist – auch wenn sie es nicht immer in Worte fassen können. Krisen, Unsicherheit, ein hoher Leistungsdruck und ständige Reizüberflutung prägen zunehmend den Alltag der Jüngsten. Studien wie das Deutsche Schulbarometer oder Auswertungen von Krankenkassen zeigen: Die psychischen Belastungen bei Kindern und Jugendlichen steigen seit Jahren. Ängste, Erschöpfung, Unruhe oder Rückzug sind zur Realität geworden – für Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte gleichermaßen.
Als Mutter, systemische Familientherapeutin und Kindercoach erlebe ich diese Herausforderungen täglich. Gleichzeitig sehe ich, wie viel wir bewirken können – wenn wir Kinder nicht nur fördern, sondern stärken: innerlich, nachhaltig und beziehungsorientiert.
Bildung mit Zukunft braucht mehr als Wissen
Unsere Bildungsformate müssen neu gedacht werden. Denn reine Wissensvermittlung reicht längst nicht mehr aus. Lange wurde in der Pädagogik gefragt: Was fehlt dem Kind? Wo muss es besser werden? Der Blick der Salutogenese, geprägt vom Medizinsoziologen Aaron Antonovsky, stellt eine andere Frage: Was hält Kinder gesund – gerade in schwierigen Zeiten?
Kinder brauchen ein stabiles Selbstbild, die Fähigkeit zur Selbstregulation und das Vertrauen, auch mit Unsicherheiten umgehen zu können. In der Forschung sprechen wir hier von Resilienz – der inneren Kraft, trotz widriger Umstände gesund zu bleiben. Resilienz ist kein Zufall. Sie wächst durch positive Erfahrungen, stabile Beziehungen und die kontinuierliche Unterstützung durch Erwachsene. Daraus entstehen seelische Gesundheit, Selbstvertrauen – und die Kraft, Krisen zu meistern.
Resilienz ist lernbar – in Bewegung, Beziehung und Bedeutung
Resilienz ist ein lebenslanger Prozess – und sie lässt sich gezielt fördern: spielerisch, ganzheitlich und alltagstauglich. Ein hilfreiches Modell ist das sogenannte „Resilienzrad“, das fünf zentrale Wirkbereiche vereint:
Bewegung & Körperwahrnehmung
Entspannung & Atemübungen
Gefühle erkennen & benennen
Soziale Sicherheit & Beziehungen
Sinn erleben & Selbstwirksamkeit erfahren
Diese Bausteine sind niedrigschwellig, wirkungsvoll und lassen sich leicht in den Alltag integrieren – ob in Familien, Kitas oder Schulen. Schon kleine Rituale können Kinder spürbar stärken: ein „Yoga-Mutmach-Ritual“ am Morgen, ein gemeinsames „Glücksmomente-Sammeln“ am Abend oder eine kleine Fantasiereise zum Einschlafen – etwa:
„Stell dir vor, du liegst unter einem Sternenhimmel und jeder Stern sagt dir etwas Schönes …“
Die moderne Entspannungspädagogik, die Positive Psychologie und die Glücksforschung liefern uns heute eine Fülle bewährter Methoden – für alle Altersstufen, Kontexte und Bedürfnisse. Es lohnt sich, passende Angebote für das eigene Umfeld zu entdecken.
Kleine Impulse – große Wirkung
In meinen Resilienzprojekten an mehreren Grundschulen nach der Corona-Zeit durfte ich erleben, wie viel schon kleine Veränderungen bewirken können: Wenn Kinder lernen, ihre Gefühle zu benennen, sich in Pausen entspannen dürfen und ein sicherer emotionaler Rahmen entsteht, wachsen Selbstvertrauen, Empathie und Offenheit – spürbar für das ganze Klassenklima.
Kinder stark machen – unsere gemeinsame Aufgabe
Kinder von heute wachsen in eine Welt hinein, die sich ständig verändert. Dafür brauchen sie Fähigkeiten, die viele von uns selbst erst im Erwachsenenalter mühsam lernen müssen: emotionale Stabilität, ein gutes Körpergefühl, gesunde Stressbewältigung, Beziehungsfähigkeit. Das entsteht nicht über Nacht – aber es wächst mit jedem ermutigenden Kontakt, jedem kleinen Ritual, jedem sicheren Raum, in dem ein Kind erfährt:
„Ich bin richtig. Ich bin wertvoll. Das Leben ist schön.“
Diese Erfahrungen motivieren mich täglich neu, mein Wissen weiterzugeben – an Fachkräfte, Eltern und alle, die Kinder stärken wollen.
Denn: Jedes gestärkte Kind ist ein kostbares Stück Zukunft.
Tipp:
Im Herbst starten Lehrgänge mit Christiane Hosemann in Meran und Brixen. Mehr unter bildung.kvw.org.
Weitere Infos unter:
TEXT: Christiane Hosemann

Editorial

Liebe Leserinnen, lieber Leser!

„Der Friede beginnt bei dir“ – es sind einfache Worte, doch sie tragen eine große Wahrheit in sich. In einer Welt, die oft von Spaltung, Lärm und Unruhe geprägt ist, sind Stimmen, die den Frieden hochhalten, wichtiger denn je.
Er erinnerte uns daran, dass echter Friede nicht allein in Verhandlungen zwischen Staaten entsteht, sondern in den Herzen der Menschen. Frieden bedeutet: einander zuhören, Unterschiede aushalten, für Gerechtigkeit eintreten – besonders für die, die keine starke Lobby haben.
Auch der neue Papst Leo XIV., der erste aus den USA, hat für seinen ersten Auftritt die Worte „Der Friede sei mit euch allen“ gewählt und damit die große Menge von jubelnden Menschen am Petersplatz begrüßt.
In dieser Ausgabe wollen wir den Blick weiten: auf große Friedensworte, aber auch auf kleine Friedensgesten. Denn Frieden beginnt nicht in Rom oder in Brüssel – sondern in unseren Familien, Nachbarschaften, Vereinen. Er beginnt mit Respekt, mit Zuhören, mit dem Mut, Brücken zu bauen. Eine Brückenbauerin ist auch unsere Rosa Stecher Weissenegger, der wir in dieser Ausgabe ein Porträt widmen.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und freuen uns über Ihr Interesse, Ihre Rückmeldungen und Ihre Ideen. Denn unsere Gesellschaft wird menschlicher, wenn wir sie gemeinsam gestalten.
Mit herzlichen Grüßen
Werner Steiner, Vorsitzender und Werner Atz, Geschäftsführer