Soziales
Von Frau Iustitia und unpolitischen Banklwärmern
Ein Kommentar von Johann Kiem, Referent für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit der Diözese Bozen-Brixen

Die wunderbare allegorische Gestalt der Iustitia, der beinahe göttlichen Frau Gerechtigkeit mit Gesichtsbinde, sticht ins Auge. Oder? Moment mal! In diesem Fall ist es eine geöffnete Schere, welche sie anstelle eines Tuches an einem freien Blick hindert. Und dazu ist es noch sie selbst, die dieses Schneidewerkzeug in den Händen bedient, um sich von den Marionettenfäden zu befreien, die sie von oben herab lenken. Unten ist sie auf einem eingestochenen Herzluftballon samt Schlange, die sie zu dominieren scheint, mit einem angewinkelten Bein thronend über einem Podest von in Rot-Tönen gehaltenen Symbolen für den Kampf der (nicht nur weiblichen) Emanzipation aufgebaut. Überhaupt gliedert sich diese Zeichnung für mich ganz deutlich in die Pole „oben“ und „unten“, mit einer überdimensionalen Hand politischen Leitwillens gleichsam aus Himmels Gnaden herab und der breiten geerdeten Massen, die revolutionierendes Gedankengut herauf befördern - von den Bauernaufständen, über die Arbeiterbewegungen und die 68er… Und mittendrin nun die personifizierte Gerechtigkeit, die doch mehr mit dem zu sympathisieren scheint, was von unten her kommt und sich gerne von dem, was oben her kommt, lösen möchte.
Der Versuch diese detailreiche Darstellung in bloß einen zentralen Kerngedanken zu fassen, ist alles andere als einfach. Vielleicht mit dem Schlagwort „bottom-up“? Dieses Prinzip geht u.a. für gesellschaftsrelevante Fragen davon aus, dass Veränderungen von unten her entscheidende Entwicklungspotenziale hervorzubringen vermögen, im Gegensatz zum „top-down“, das von oben her steuert, abstrakter, theoretischer und weniger praxisnah erscheint. Es geht somit auch um die Frage, was wir heute unter Politik verstehen wollen: Überlässt und delegiert man(n) bzw. frau es denen/an die da oben, oder ist gegenwärtig gerade bei drängenden Herausforderungen öko-sozialer Natur nicht zusätzlich das partizipativ-politische und basisdemokratische Engagement gefragt? Bewegungen, wie „Fridays-for-future“ oder globale Anti-Gewalt-Initiativen lassen grüßen – und nicht selten sind diese von Frauen (Greta Thunberg oder Malala uvm.) initiiert und getragen.
Manche mögen vielleicht behaupten, dies habe mit der stärker ausgeprägten weiblichen Empathiekompetenz zu tun… Elena Granata, Soziologin und Vizepräsidentin der kirchlichen „Settimane Sociali“ in Italien, unterstreicht, dass wir als Christinnen und Christen unbedingt wieder mehr „politisch“ sein müssen, so wie auch Papst Franziskus politisch ist, wenn er über die Bewahrung der Schöpfung spricht, die durch menschliche Aktivitäten ausgebeutet wird; er ist politisch, wenn er das Recht von Migrant/inn/en auf Heimat einfordert; er ist politisch, wenn er die menschenwürdige Arbeit verteidigt oder, wenn es ihm um die Themen Frieden und soziale Gerechtigkeit geht. Ausgehend von diesen Beispielen kann nach Granata niemand von uns ein unpolitischer „Banklwärmer“ sein wollen. Uns allen liegt die Gesundheit am Herzen, aber wir mobilisieren uns kaum für die öffentliche Gesundheit, uns liegt die Bildung am Herzen, aber nur wenigen das Schulwesen, uns liegt das persönliche Wohlbefinden am Herzen, aber viele setzen sich nur ganz verhalten für den Umweltschutz ein. Vielleicht braucht es die sinnbildlich durchtrennten Marionettenfäden, damit wir in sozialen Fragen unsere zweifelsohne vorhandenen persönlichen Fähigkeiten wieder stärker einbringen.
Der Versuch diese detailreiche Darstellung in bloß einen zentralen Kerngedanken zu fassen, ist alles andere als einfach. Vielleicht mit dem Schlagwort „bottom-up“? Dieses Prinzip geht u.a. für gesellschaftsrelevante Fragen davon aus, dass Veränderungen von unten her entscheidende Entwicklungspotenziale hervorzubringen vermögen, im Gegensatz zum „top-down“, das von oben her steuert, abstrakter, theoretischer und weniger praxisnah erscheint. Es geht somit auch um die Frage, was wir heute unter Politik verstehen wollen: Überlässt und delegiert man(n) bzw. frau es denen/an die da oben, oder ist gegenwärtig gerade bei drängenden Herausforderungen öko-sozialer Natur nicht zusätzlich das partizipativ-politische und basisdemokratische Engagement gefragt? Bewegungen, wie „Fridays-for-future“ oder globale Anti-Gewalt-Initiativen lassen grüßen – und nicht selten sind diese von Frauen (Greta Thunberg oder Malala uvm.) initiiert und getragen.
Manche mögen vielleicht behaupten, dies habe mit der stärker ausgeprägten weiblichen Empathiekompetenz zu tun… Elena Granata, Soziologin und Vizepräsidentin der kirchlichen „Settimane Sociali“ in Italien, unterstreicht, dass wir als Christinnen und Christen unbedingt wieder mehr „politisch“ sein müssen, so wie auch Papst Franziskus politisch ist, wenn er über die Bewahrung der Schöpfung spricht, die durch menschliche Aktivitäten ausgebeutet wird; er ist politisch, wenn er das Recht von Migrant/inn/en auf Heimat einfordert; er ist politisch, wenn er die menschenwürdige Arbeit verteidigt oder, wenn es ihm um die Themen Frieden und soziale Gerechtigkeit geht. Ausgehend von diesen Beispielen kann nach Granata niemand von uns ein unpolitischer „Banklwärmer“ sein wollen. Uns allen liegt die Gesundheit am Herzen, aber wir mobilisieren uns kaum für die öffentliche Gesundheit, uns liegt die Bildung am Herzen, aber nur wenigen das Schulwesen, uns liegt das persönliche Wohlbefinden am Herzen, aber viele setzen sich nur ganz verhalten für den Umweltschutz ein. Vielleicht braucht es die sinnbildlich durchtrennten Marionettenfäden, damit wir in sozialen Fragen unsere zweifelsohne vorhandenen persönlichen Fähigkeiten wieder stärker einbringen.
Vom Lächeln zum Nachdenken
Die Karikaturen des Ahrntaler Künstlers Alois Steger greifen das Thema der öko-sozialen (Un-)Gerechtigkeit auf und fordern die Betrachterinnen und Betrachter heraus.
Weitere Karikaturen finden Sie auf der Webseite www.bz-bx.net.
Weitere Karikaturen finden Sie auf der Webseite www.bz-bx.net.