Aktuell

Den Körper lesen

Dieser Artikel ist der Auftakt zu einer neuen
Rubrik. Ab der nächsten Ausgabe werden wir
im Gespräch mit den Physiotherapeuten
der Krebshilfe die verschiedenen Aspekte
der Lymphdrainage beleuchten.
nd
Einwöchige Fortbildungsveranstaltung für die Therapeuten der SKH

Fotos: Othmar SeehauserFotos: Othmar Seehauser

Eine Krebstherapie betrifft nie nur ein Organ, sondern ist ein Stress für den gesamten Körper. Organe, Muskeln, Wirbelsäule, der Verdauungsapparat, das Lymphsystem werden in Mitleidenschaft gezogen. Die Südtiroler Krebshilfe bietet ihren betroffenen Mitgliedern seit Jahren in allen Bezirken und Sektionen kostenlose Lymphdrainage an. Die Therapeuten nehmen regelmäßig an Weiterbildungsveranstaltungen teil.
Iris und Michael Wolf arbeiten seit den 90er Jahren in den USA als Physiotherapeuten, zweimal im Jahr kommen sie nach Europa, um Kurse abzuhalten. In Deutschland, Österreich, der Schweiz und seit 2015 zum ersten Mal auch in Italien. In den USA ist die Osteopathie seit jeher eine sehr wichtige manuelle Behandlungstherapie, schon lange bevor auch in Europa die Bedeutung dieser Anwendungen erkannt wurde. Bereits im November 2015 waren alle Physio-Therapeuten der Krebshilfe zu einem einwöchigen Seminar eingeladen, im Mai stand der zweite Teil des Kurses in Craniosakral-Technik an. Eine spezifische manuelle Therapie, die die Lymphdrainage unterstützt.
Die Kurse sind auf Theorie und Praxis aufgebaut. Zunächst wird erklärt, wie das System funktioniert, dann werden Handgriffe am Modell gezeigt, anschließend an einem Freiwilligen vorgeführt, dann sind die Kursteilnehmer aufgefordert, sich selbst gegenseitig zu behandeln unter Aufsicht der beiden Kursleiter.
Nach Chemotherapie und Bestrahlung ziehen die Organe sich in sich zurück, das umliegende Bindegewebe verhärtet sich. Mithilfe der Faszien-Technik erklärt Iris Wolf, kann Kontakt mit dem Gewebe aufgenommen werden. Aus diesen Verhärtungen resultierende Beschwerden wie Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen können behoben werden. Es liegt an der Sensibilität des Physiotherapeuten solche Stellen, Unterschiede zwischen rechts und links, auszumachen.
Freitag, 12.45 Uhr. Der Behandlungsraum der Krebshilfe in Bozen. Die Liege steht in der Mitte, dahinter Iris Wolf, in der Hand ein Rückenskelett-Modell. Auf der anderen Seite des Raumes sitzen alle Therapeuten der Krebshilfe. Edith legt sich auf die Liege. Iris Wolf tastet den Körper ab. Zunächst in der Oberfläche, dann greift sie tiefer. „Ich beginne an den Orientierungspunkten Knöcheln, Knie, Oberschenkel, Hüften. Greife, wo ich Informationen haben möchte“, erklärt sie der Runde. Körper-Lesen nennt sie diesen Ansatz.
Die neun Physiotherapeutinnen und ihr männlicher Kollege, folgen gebannt ihren Ausführungen. Ihre Hände gleiten weiter über den Körper. Verhalten am Brustkorb, wandern zur Halswirbelsäule und zum Schädel und kehren schließlich zum Brustkorb zurück, wo Iris Wolfs Hände einen Unterschied zwischen rechter und linker Seite ausgemacht haben.

Die Physiotherapeuten der SKH mit den beiden Kursleitern, Iris und Michael WolfDie Physiotherapeuten der SKH mit den beiden Kursleitern, Iris und Michael Wolf

Diese Technik, erklärt Iris Wolf, unterstütze grundsätzlich die Lymphdrainage, weil der Körper dadurch zusätzlich animiert werde, die Lymphe abzubauen. Die Cranioscral-Technik setzt am Duralsack an. Damit wird der Schlauch aus harter Hirnhaut (Dura mater) bezeichnet, der das Rückenmark und die abgehenden Nervenwurzeln umgibt und diese gegen mechanische Schäden schützt. Ist dieser verhärtet, sind die empfindlichen Nerven Druck ausgesetzt.
Die Physiotherapeutinnen und ihr Kollege sind nach dieser Woche erfüllt von neuen Anstößen zu ihrer Arbeit. Neben der so wichtigen Lymphdrainage haben sie Anwendungen erlernt, die ihre Therapien noch intensiver wirken lassen. Agatha Pallhuber aus Bruneck: „Wir haben ganz viele ganzheitliche Therapiemöglichkeiten kennengelernt in dieser Woche. Jetzt müssen wir es nur noch anwenden!“ Ingeborg Nollet, die das Ambulatorium in Schlanders führt, pflichtet ihr bei. „Eine ganz intensive Woche. Jetzt muss sich das alles setzen und dann können wir diese Anregungen in unsere Arbeit integrieren.“ Edith Huber aus Brixen hat vor allem von den konkreten Anwendungen während des Kurses profitiert. „Es ist eine Sache etwas theoretisch mitzubekommen oder es am eigenen Körper zu spüren.“ Auch Elisabeth Schwingshackl aus Bruneck und ihre Kollegin Renate Trafojer aus Bruneck können es kaum abwarten, die neuerworbenen Kenntnisse in der Praxis umzusetzen.
Lorenzo Malto ist der einzige Mann in der Runde. Er betreut die Patienten des Unterlands und von Überetsch. Er hat neben den Kursinhalten auch die Möglichkeit geschätzt, eine Woche zusammen mit den Kolleginnen im Austausch zu verbringen. „Wer immer alleine arbeitet, für den ist auch das anregend für die Arbeit.“ Sehr geschätzt hat auch er die praktischen Übungen. „Abgesehen davon, dass es uns gutgetan hat, auch selbst ein wenig behandelt werden, kann man dadurch viel über die Wirksamkeit der Griffe lernen und besser einschätzen, wie sehr man in die Tiefe gehen kann.“




Aktuell

50 Jahre Militärflughafen Toblach

Rundflüge für zwei kleine Krebspatienten - Frecce Tricolori und Flugvorführungen

Erst ist es ein leises Summen, kaum hörbar. Dann wird es lauter. Ein Brummen, das sich schnell in tiefen Motorenlärm verwandelt. Und dann sind sie auch schon zu sehen. Was am Horizont zunächst aussieht wie ein Vogelschwarm, sind in Wirklichkeit neun kleine Flugzeuge, jedes gesteuert von einem Piloten. Alle gleich. Dicht an dicht. Die Staffel der „Frecce Tricolori“.
In Toblach sind sie keine Neuheit, die Flugzeuge der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori. Im nahen Innichen ist schließlich Sitz des Clubs 58 der Frecce Tricolori, nebenbei der größte mit 850 Mitgliedern, Präsident ist Rudi Krautgasser. Am 7. Mai waren die Flugakrobaten einer der Höhepunkte der Feier zum 50jährigen Jubiläum des Toblacher Militärflughafens.
Zum Anlass des 50jährigen Bestehens hat der Flugplatz in Toblach auch einen Namen erhalten. Der General der italienischen Luftwaffe Mario Pezzi (1898 – 1968), ist der Pate. Sein Höhenrekord aus dem Jahre 1938, wo er eine Quote von 17.083 Metern mit einem kleinen Propellerflugzeug erreichte, ist bis heute nicht überboten! Die Frecce Tricolori überflogen Toblach exakt um 10.45 Uhr, als das Denkmal zu Ehren Pezzis enthüllt wurde.
Die Kunstflugstaffel ist ein Publikumsmagnet sondergleichen. Groß und Klein halten den Atem an, wenn sie am Himmel ihre akrobatischen Kunststücke vollführen. Eines neben dem anderen oder in Dreierreihen. Sie formen ein perfektes Dreieck oder einen Rhombus. Fliegen gerade oder auf dem Kopf. Teilen sich nach rechts und links und fliegen je vier und vier aufeinander zu, um sich zu kreuzen und hernach wieder zu vereinigen. Am Himmel lassen sie eine kilometerlange Kondens-Spur in den Farben der italienischen Nationalflagge hinter sich. Dreimal überflogen sie Toblach, für großartige Flugakrobatik ist das Tal zu eng, dann ging es wieder zurück zur Basis nach Rivolto.
Die Zuschauer recken gespannt ihre Köpfe in die Höhe und fast jedes Gespräch verstummt, wenn die waghalsigen Piloten ihr Können zeigen. Bei einer Geschwindigkeit von über 700 Stundenkilometer braucht es absolute Präzision, aber auch gute Nerven, um die Flugzeuge so dicht nebeneinander oder übereinander fliegen zu lassen. Der kleinste Fehler wäre fatal. Über tausend Menschen waren am Samstag, 7. Mai zum Flugplatz in Toblach gekommen, eine Zahl, die die Erwartungen der Veranstalter weit überschritten hat. Dementsprechend schnell waren dann auch die Vorräte an Essen und Getränken aufgebraucht.
Organisiert worden ist die Feier von der Aeronautica Toblach zusammen mit dem Aero Club Toblach, deren Vorsitzender Manfred Lanzinger ist. Der Club zählt zu seinen Mitgliedern 21 Piloten, davon drei Frauen und weitere achtzig unterstützende Mitglieder. Am Wochenendende kann der Aeroclub Toblach die Start- und Landebahn des Militärflughafens benutzen. Die Clubmitglieder versehen selbst die Wartung ihrer Flugzeuge und den Funkdienst.
Von Freitagabend bis Samstagabend drehte sich am ersten Maiwochenende in Toblach alles um das Fliegen. Die Sektion Oberpustertal der Südtiroler Krebshilfe war eingeladen, an beiden Tagen präsent zu sein, eine gute Gelegenheit das zahlreiche Publikum über die wichtige Arbeit der Vereinigung zu informieren. Den Reinerlös der Veranstaltung stellten die Organisatoren der Krebshilfe Oberpustertal zur Verfügung. Ein entsprechender Scheck wurde an die Landesvorsitzende Ida Schacher übergeben.

Die Kondensspur in den Farben der italienischen FlaggeDie Kondensspur in den Farben der italienischen Flagge

Aber das Wichtigste bei dieser Veranstaltung waren nicht die Spenden, sondern die Emotionen. Herbert und Fabian, beide dürften mit neun Jahren die wohl jüngsten Mitglieder der Krebshilfe sein, werden diesen7. Mai wohl nie vergessen. Die beiden kleinen Krebspatienten waren nämlich eingeladen, mit einem Kleinmotorflugzeug eine Runde über Toblach und den Sextner Dolomiten zu drehen.
„Unsere Flugzeuge, zwei Ultralights, können neben dem Piloten nur einen Passagier transportieren“, erzählt Rudi Krautgasser. Der kleine Fabian aber wollte partout nicht ohne seinen Vater Egon Steinwandter und seinen besten Freund in die Luft steigen. „Netterweise hat uns dann die Aeronautica ihre viersitzigen Flugzeuge und Militär-Piloten für diese Rundflüge zur Verfügung gestellt.“
Der Oberkommandant der italienischen Luftwaffe, Capo di Stato Maggiore Enzo Vecciarelli war eigens zur Jubiläumsfeier nach Toblach gekommen und ließ es sich nicht nehmen, zusammen mit dem Kommandanten der Basis der Aeronautica Toblach, Maggiore Alberto Luppi, die beiden kleinen Passagiere persönlich zu begrüßen.
Der Rundflug war ein ganz besonderes Erlebnis. Nicht nur für Herbert und Fabian, sondern auch für die Vorsitzende der Südtiroler Krebshilfe, Ida Schacher. Oberkommandant Vecciarelli hatte auch sie zu einem Rundflug eingeladen und so stieg eine Formation von vier Flugzeugen in den Himmel über Toblach: Ida Schacher zusammen mit Bürgermeister Guido Bocher, Fabian mit seinem Vater Egon und seinem Freund, im dritten Flugzeug saß Enzo Vecciarelli und im vierten Rudi Krautgasser und der kleine Herbert. Und los ging es in Formation, fast so wie die Frecce Tricolori, Richtung Innichen und Landesgrenze und dann bis Bruneck, über den Kronplatz und wieder zurück.
Toblach ist ein kleiner Militärflughafen, insgesamt sind zwölf Personen auf der Basis stationiert. Von besonderer Bedeutung ist die Wetterstation. Zur Basis gehört außerdem Villa Irma, wo Angehörige der italienischen Luftwaffe und ihre Familienangehörige ihren Urlaub verbringen können.
Auftakt der Veranstaltung war am Freitagabend ein Fußballspiel zwischen Mitgliedern der Aeronautica, des Heeres, des Aeroclubs und des 58. Frecce Tricolore Clubs. Am Samstag konnten die Besucher sich in einer Ausstellung über die Geschichte des Toblacher Militärflughafens informieren. Jagdflugzeuge und Hubschrauber sowie der Prädator, eine große Aufklärungsdrohne, standen zur Besichtigung bereit. Die Hubschrauber simulierten einen Rettungseingriff und auch die Drohne stieg in die Luft auf. Zu Ehren des 50jährigen Jubiläums des Toblacher Flughafens hat der italienische Staat eine eigene Briefmarke gedruckt. Mit einem Festessen für geladene Gäste klang der Festtag in der Villa Irma aus.