Es bräuchte ein Wunder, ein Wunder bräuchte es. Etwas Außerordentliches, etwas, das man bewundern und sehen kann. Etwas das augenscheinlich ist und das uns weiter bringt! Etwas, das uns verwundert. Auch in diesem Wort ist das Wort Wunder enthalten. Ein Wunder bräuchte es, etwas, das mein Leben verändert, das die Welt verändert, das ich sehen und anfassen kann. Ja manchmal formt sich in unserem Herzen, auf unseren Lippen, in unseren Gedanken ein Gebet, eine Bitte, auch ein Fluch, dass sich endlich etwas ändern möge, dass etwas passiert, dass sich etwas zeigt.
In dieser Advents- und Vorweihnachtszeit scheinen unsere Städte um die Wette leuchten zu wollen, so als ob sie uns durch die bunten Lichterketten, den übertriebenen Schmuck, die immer lauteren Märkte voll wunderbarer Sachen zeigen wollten, dass uns etwas ganz Besonderes erwartet. Wundersame Sachen, da ist es schon wieder, das Wort Wunder, aber was hier verwundern soll, hat alle Kraft verloren. Nichts erstaunt mehr, nichts ist genug. Kein Wunder weit und breit. Das Licht um uns berührt nur die Oberfläche, es reicht nicht aus, um uns zu erhellen, was wir im Grunde unseres Herzens wirklich brauchen. Ein grelles Licht, so hell, dass es blendet, wie ein Such-Scheinwerfer auf etwas gerichtet, was wir in Wirklichkeit gar nicht sehen wollen. Wunder geschehen nicht unter dem Scheinwerferlicht, Wunder zeigen sich nicht allen. Nicht heute und nicht gestern. Vor zweitausend Jahren waren diese Scheinwerfer auf eine Volkszählung gerichtet, die Zählung des stärksten, des mächtigsten Volkes. Jeder, der zum großen römischen Reich gehörte, sollte sich zählen lassen, als sei er ein Sack Getreide, eine Amphore voll Öl. Ein Besitz. Aber da ist etwas, das eben nicht zählbar ist. Etwas, das trotz eines Kometen nicht in helles Scheinwerferlicht getaucht ist. Etwas, das keinen Scheinwerfer braucht, um sich zu erkennen zu geben.
Ein Mann und eine Frau bleiben draußen vor der Stadt und bekommen auf ganz banale Weise ein Kind. Nichts Außergewöhnliches, nichts Ver-Wunderliches… Oder etwa doch? Eine Familie entfernt von zu Hause, ausgegrenzt, in Not, nicht angenommen. Aber nicht allein, es kommen Menschen, die wie sie im Schatten stehen, jenseits des Lichts. Menschen, die am Rande leben, ebenso wie die kleine Familie. Arm. Als unrein gelten sie, für die Menschen und angeblich auch für Gott. Und es kommen auch die Reichen, Gelehrte. Menschen auf der Suche, die dem schwachen Licht des Kometen gefolgt sind und sich nicht vom dem grellen Scheinwerferlicht vom Weg abbringen ließen. Sie suchen das Kind im Schatten. Hilflos, darauf angewiesen angenommen zu werden. Eine lebendige Herausforderung, eine Hoffnung auf Zukunft und eine Botschaft. Trotz aller falschen Wege, trotz der grellen, verführerischen Lichter, trotz aller Fehler, trotz allen Unheils, das unser Leben zu beherrschen und zu erdrücken scheint, gibt es jemanden, der auf uns setzt, auf unser Leben, auf unsere Fähigkeit, dem Leben eine Chance zu geben.
Er erfüllt nicht die Wunder, um die wir bitten, aber er erfüllt unser tägliches Leben mit Wundern. Eine Hand, ein Lächeln, geschenkte Zeit…Keine Utopie, irgendwo, jenseits der Realität. Sondern hier und jetzt, wo unser Leben lebenswert wird, wert, bewusst gelebt zu werden. Das ist ein Geschenk für alle, ohne Ausnahme: “Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine Botschaft, die das ganze Volk mit großer Freude erfüllt: Heute ist für euch in der Stadt Davids, der lang ersehnte Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr. Und daran werdet ihr ihn erkennen: Das Kind liegt, in Windeln gewickelt, in einer Futterkrippe (Lukas 2,10-12)