Aktuell

Teufelskraut, Bauchwehblüml, Wurmtod

Das Kräuterwissen Südtirols – Vortrag von Arnold Achmüller

Im Mittelalter sind viele Frauen deswegen auf dem Scheiterhaufen gelandet und als Hexen verbrannt worden. Nicht nur seit der Antike, schon weit vorher wussten die Menschen die Wirksamkeit von Heilkräutern zu nutzen.
Auch der Mann aus dem Eis, Ötzi, hatte eine „Reiseapotheke“ bestehend aus Heilkräutern und Pilzen bei sich. Die Anwendung der Heilkräuter wurde von Mund zu Mund über Generationen weitergetragen – bis in unsere Zeit. Heilkräuter finden sich auch in vielen Arzneimitteln. Am besten wachsen Heilkräuter auf Almwiesen und südlich des Alpenhauptkamms. Südtirol ist demnach ein ideales Gelände.
Arnold Achmüller, in Bruneck geboren und in Taisten aufgewachsen, war von jeher vom Thema Heilpflanzen fasziniert und hat dieses Thema für seine Diplomarbeit zum Abschluss seines Pharmazie-Studiums in Innsbruck und Wien gewählt. Seit 2007 arbeitet er als Apotheker in Wien und ist Referent zum Thema Wildkräuter/ Wildgemüse der Fachschule für Land- und Hauswirtschaft in Dietenheim.
Seine Diplomarbeit hat er vor zwei Jahren zu einem Buch ausgearbeitet. "Teufelskraut, Bauchwehblüml, Wurmtod - Das Kräuterwissen Südtirols“. Das Buch gibt einen ausführlichen Überblick über die Volksmedizin und präsentiert 90 Heilpflanzenportraits, angereichert mit Ratschlägen, mit volkskundlichen Weisheiten und mit interessanten Hinweisen auf die Mythologie. Antike Kräutermedizin gepaart mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Rezepten, um die Hausmittel selbst herzustellen. Auf Einladung der Sektion Oberpustertal hielt Arnold Achmüller Anfang Oktober einen Vortrag über Südtiroler Kräuterwissen in Toblach.
Der Großteil der Südtiroler Bevölkerung lebt auf dem Land und gerade dort ist die Tradition der Kräuterheilkunst noch immer wach. Unsere Vorfahren kannten sich nicht nur aus mit Heilpflanzen, sie wussten auch, wo sie sie am besten pflücken konnten. Großmutters Hustentee ist für viele noch eine wache Erinnerung. Heilpflanzen sind ideal bei jahreszeitlich bedingten Beschwerden wie Halsschmerzen oder Schnupfen. Die Liste der Kräuter, die hier helfen ist lange, bekannte und weniger bekannte Namen wie z. B. Salbei, Johannisbeere, kleine Pibernelle, Anis, Spitzwegerich, Gundermann, Holunder, Gilbweiderich, Kamille und sogar Gänseblümchen. Heilpflanzen sind aber auch gute Helfer gegen Nebenwirkungen bei der Krebstherapie. Blutwurz, Salbei und Scharfgarbe sind zum Beispiel ein erprobtes Hausmittel gegen schmerzhafte Aften. Enzian und Bitterklee helfen bei Appetitlosigkeit, Melisse, Sanddorn und Kamille haben eine anregende Wirkung, Baldrian und Benediktenkraut können Erleichterung bei Niedergeschlagenheit schaffen. Edelweiß hilft gegen Bauchschmerzen, Arnika und Johanneskraut bei rheumatischen Schmerzen. Getrocknete Rosenwurz schließlich hatten schon die Wikinger auf ihren Fahrten dabei, heute wird sie gegen Burn-Out-Syndrome eingesetzt.
Das Buch ist im Raetia Verlag erschienen, Arnold Achmüller, „Teufelskraut, Bauchwehblüml, Wurmtod – Das Kräuterwissen Südtirols“, 2013.

Aktuell

Auf dem Weg zu neuem Leben

Emanuela Laurenti: Die Krankheit schwarz auf weiß - Fotos Fabrizio Giusti

Sie ist jung, mutig, fröhlich und mit dreißig Jahren hat sie hat keine Angst mehr. Auch nicht vor dem Tod. Emanuela Laurenti weiß, wovon sie redet. Im Juli 2013 wurde ihr ein Hodgkin Lymphom diagnostiziert. Emanuela hat beschlossen den Weg ihrer Krankheit und Genesung zu dokumentieren, als sie noch nicht wusste, dass ihre Geschichte ein Happy End haben würde.
Ein scheinbar endloser Krankenhaus-Flur. Emanuela von hinten, an einem Tisch sitzend. Mit Haaren und – in derselben Pose – ohne Haare. Sechzehn Fotos, die zwei Wochen im Foyer des Bozner Rathauses ausgestellt waren. Titel der Ausstellung: Licht. Etappen der Krankheit. Die Entscheidung, sich die Haare zu rasieren, bevor sie ausfallen würden. Die Momente der Angst und der Auflehnung dargestellt als Boxkampf mit dem schwarzen Mann, mit dem Tod. Den Emanuela am Schluss k.o. schlägt! Das Licht am Ende vom Tunnel. Fotos in schwarz weiß, die von Humor getragen sind, von einer fröhlichen Leichtigkeit, die eine tiefe Sprache sprechen. Von Herz zu Herz. Fotos, die Hoffnung darstellen, Mut und Entschiedenheit im Kampf gegen die Krankheit. Die davon sprechen, sich nicht aufzugeben.
Emanuela hat die Akademie für Kunst, Studienfach Bühnengestaltung in Rom abgeschlossen und ist von jeher eine leidenschaftliche Fotografin. Daher die Idee, ihre Krankheit, den Verlauf ihrer Krankheit fotografisch festzuhalten, zu einem Zeitpunkt als noch lange nicht sicher war, dass sie als Siegerin aus diesem Match hervorgehen würde. Emanuela wandte sich mit dieser Bitte an einen Freund, bei dem sie selbst einen Fotokurs besucht hatte. Fabrizio Giusti, Präsident des Fotoclubs „Immagine“ von Meran.
Die Fotos und die Foto-Shootings haben Emanuela dabei geholfen, auf Distanz zur Krankheit zu gehen. Ein Spiel, das auch ihrem von der Krankheit gezeichnetem Äußeren, dem kahlen Kopf, den Schrecken genommen hat. Die Idee zur Ausstellung kam erst viel später. “Es war eine Art von Exorzismus für mich”, erinnert sich Emanuela. „Ein Austreibungs-Ritus gegen die Krankheit.“
Es gab kein festes Programm für die Fototermine. Wenn Emanuela danach war, wenn sie das Gefühl hatte, Ablenkung zu brauchen, rief sie Fabrizio Giusti. Er selbst brachte bei jedem Besuch den Fotoapparat mit. Keine leichte Aufgabe, seine Betroffenheit und seine Scheu vor der Krankheit zu überwinden. Schlussendlich auch eine tiefe Lebenserfahrung für ihn.

Und wenn Emanuela heute, nach mehr als einem Jahr, diese Fotos sieht, wie fühlt sie sich dann? „Natürlich bin ich betroffen. Es ist ja alles noch so frisch”, gibt sie zu. „Als ich die Ausstellung zum letzten Mal gesehen habe, bevor wir abgebaut haben und die Kommentare der Besucher gelesen habe, sind mir die Tränen gekommen.”
Die Krankheit gehört der Vergangenheit an. Ebenso wie die Chemotherapie, der kahle Kopf, die Wochen im Isolierzimmer als ihre weißen Blutkörperchen auf null waren. Im Dezember 2013 bekam sie den offiziellen Bescheid: Geheilt.
Während der Krankheit hat sie sich stets getragen gefühlt vom dichten Netz aus Familie und Freundschaften. Vor allem ihre Eltern haben einen wichtigen Beitrag geleistet, dass Emanuela nie die Hoffnung und den Kampfesmut aufgegeben hat. Und ihre zehnjährige Nichte. „Sie hat die Krankheit einfach nicht gelten lassen, hat sich nicht ängstigen lassen und hat es geschafft, allem eine lustige Note zu geben.“ Eine wichtige Erfahrung für Emanuela während der Krankheit war auch, dass nicht nur sie die Betroffene war. „Alle, die mir nahe stehen, haben mitgelitten, haben an der Krankheit getragen.“
Emanuela ist heute nicht mehr die Emanuela, die sie vor der Krankheit war. „Diese Erfahrung hat mein Leben völlig auf den Kopf gestellt, hat meine Einstellung zum Leben, meine Prioritäten geändert.“ Ein neuer Start. Das neue Leben ist bewusster, intensiver. Gelebter.
In ihrem neuen Leben möchte Emanuela ihre Kreativität in den Dienst anderer stellen, nicht zuletzt auch kraft ihrer ganz persönlichen Erfahrungen in einer Ausnahmesituation. Noch während der Chemotherapie hat sie sich in einer Schule in Bologna für Kunst-Therapie eingeschrieben. Vier Jahre, jedes zweite Wochenende.
Und die Angst? Alle sechs Monate muss sie sich einer Kontrolle unterziehen. „Angst? Habe ich nicht“, sagt Emanuela mit fester Stimme. “Ich hatte viel Gelegenheit über alles nachzudenken. Der Tod hat seinen Schrecken für mich verloren. Ich kann ihn akzeptieren. Ich habe gekämpft und wenn es sein muss, werde ich wieder kämpfen, aber wie es auch ausgehen wird, es ist gut so.“

Die Ausstellung in Bozen vom 27. Oktober bis 6. November wurde von der italienischen Krebsliga, LILT, unterstützt. Der Titel: Licht. Und genau das ist es, was Emanuela damit vermitteln wollte: Licht und Hoffnung

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