Aktuell

Das Geschenk der Musik

„Donatori di Musica“: alle zwei Wochen ein Klavierkonzert in der Onkologie Bozen

Ein Konzertflügel im Atrium einer onkologischen Abteilung. Bankreihen wie für ein Konzert. Ein ausgesuchtes Publikum, je nach Größe der Abteilung 25 bis 35 Personen. Zweimal im Monat ist dies Normalität in mittlerweile sieben Krankenhäuern Italiens.
Angefangen hat alles mit einem Gespräch unter Kollegen, den beiden Primaren der onkologischen Abteilungen von Bozen und Carrara, Dr. Claudio Graiff und Dr. Maurizio Cantore. Ein Patient Cantores, der Musikologe und Produzent Gian Andrea Lodovici, hatte darum gebeten, in der Abteilung ein klassisches Konzert organisieren zu dürfen, weil ihm das am meisten fehlte. Das Konzert hat nicht nur ihm gut getan, sondern auch den anderen Patienten, die sich vom Zauber der Musik anstecken ließen. Die Initiative „Donatori di Musica“ – „Musikalische Reise“ war damit geboren. Seit 2009 sind in den Onkologien von Bozen, Brescia, Carrara, Saronno, Sondrio, im San Camillo in Rom und in Vicenza zweimal im Monat klassische Konzerte angesagt. Auch in den USA wurde diese Initiative mittlerweile nachgeahmt.
Am Konzertflügel sitzen namhafte Konzertpianisten, nicht im Frack, sondern in Alltagskleidung, die eigens für diesen Auftritt ein leichtes Programm zusammenstellen, das auch Menschen, die sich nicht mit klassischer Musik beschäftigen, zugänglich ist. Die Dauer der Konzerte beträgt etwa eineinhalb Stunden. Um den Patienten den Musikgenuss besonders nahe zu bringen, bereiten die Musiker eine kleine Einführung vor, erzählen Anekdoten über die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Stückes. Im Anschluss gibt es für das Publikum Gelegenheit zu einer Plauderei mit dem Virtuosen.
So auch Luca Schieppati aus Novara, der am 13. Juni ein Konzert in der Onkologie in Bozen gegeben hat. Sein Programm stand ganz im Zeichen des zweihundertjährigen Jubiläums zwei großer Komponisten: Richard Wagner und Giuseppe Verdi. Aber nicht nur Kompositionen von diesen beiden großen Meister der Musikgeschichte, die vor allem für ihre Opern bekannt sind, spielte Schieppati. Auch Variationen von Franz Liszt, einer der begabtesten Klaviervirtuosen aller Zeiten und außerdem Schwiegersohn Wagners, mit dessen Tochter Cosima er verheiratet war.
Die dargebotenen Stücke, von Verdi nebenbei die gesamte „opera omnia“ für Klavier, gezählte zwei Partituren, waren ebenso klangvoll wie mitreißend und erfüllten den improvisierten Konzertsaal mit kraftvollen Klängen und Emotionen.
Den zufällig mitgeschnittenen Gesprächsfetzen des Publikums konnte man entnehmen, dass viele der Konzertbesucher Habitués der Konzerte sind. Gelegenheit nicht nur, sich durch die Musik aus dem von der Krankheit bestimmten Alltag auszuklinken, sondern auch für Gespräche untereinander.
Primar Claudio Graiff betonte in seiner Begrüßungsrede, dass Musik eine Möglichkeit sei, mit den negativen Gefühlen, die mit einer Krebserkrankung verbunden sind, fertig zu werden. „Der Zauber der Musik trägt uns über den Alltag hinaus,lässt die Seele schwingen und Zuversicht schöpfen und dies wirkt sich auch auf den Körper aus“, betonte Graiff. Aufgabe des Arztes und des Pflegepersonals sei nicht nur die Pflege und die Heilung des Körpers, der Krankheit, sondern auch der Seele.
Die „Donatori di musica“ verfügen über einen Pool von etwa 120 professionellen, hochkarätigen Konzert-Musikern, die ohne Gage und nur für eine Reisekostenvergütung auftreten. Die Konzerte werden in regelmäßigen Abständen, etwa alle zwei Wochen, abgehalten, so dass die Patienten eine richtige Konzertsaison verfolgen. Der Besuch der Konzerte ist kostenlos und nur den Patienten der jeweiligen onkologischen Abteilung, ihren Angehörigen und dem Personal der Abteilung vorbehalten.
Die Konzerte in den Abteilungen werden als Gelegenheit gesehen, Grenzen zu überwinden. Vor der Musik sind alle gleich: Patienten, Ärzte und Pfleger, Angehörige. Die Musik wird zum verbindenden Element.
Die „Donatori di Musica“ haben einen Spezialpreis beim berühmten Pianisten-Wettbewerb Ferruccio Busoni eingeführt, den Preis Gian Andrea Ludovici. Im vergangenen Jahr ist die Vereinigung mit dem Preis Abbiati ausgezeichnet worden, alswertvollste kulturelle Initiative Italiens im Bereich der klassischen Musik; 2013 wurden sie mit dem internationalen Alexander Langer Preis ausgezeichnet (wir berichteten, Anm. d. Red.).
Im Rahmen von „Donatori di Musica“ wurde der Einfluss der Musik auf den Heilungsprozess auch wissenschaftlich untersucht. Studien haben ergeben, dass Musik sich positiv auf die Qualität des Schlafs auswirkt, gegen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen hilft, das Schmerzempfinden verringert und sich insgesamt positiv auf die Psyche des Krebspatienten auswirkt.
Gian Andrea Ludovici ist 2008 im Alter von 47 Jahren seiner Krebserkrankung erlegen. Er hinterließ den „Donatori di Musica“ folgenden Auftrag: „Alles dafür zu tun, damit die große Musik ein immer bedeutenderes Hilfs- und Heilungs-Instrument zur Unterstützung der medizinischen Behandlung in den onkologischen Abteilungen werden kann.“
„Donatori di Musica“ wird unterstützt von Furcht Pianoforti Mailand, Liga zur Krebsbekämpfung, LILT, Saccuman Pianoforti, Bozen und Hotel Figl Bozen, Familie Mayr.
Luca Schieppatiüber seine Konzert-Erfahrung in den onkologischen Abteilungen:
„Hier kommt Musik an ihre Ursprünge zurück, an ihren eigentlichen Auftrag, nämlich Emotionen zu vermitteln und an Emotionen teilhaben zu lassen. Auch Stücke der üblichen Konzertliteratur erhalten hier einen ganz besonderen Wert. Es ist, als ob man sie das erste Mal spielen würde, bewusst,mit Kraft und Sensibilität.“
Luca Schieppati
Konzertist, Lehrer am Konservatorium Guido Cantelli von Novara, künstlerischer Leiter von Musikevents. Für den 13. Juni hat er folgendes Programm vorbereitet: WaVe – Hommage an Richard Wagner (1813 – 1883) und Giuseppe Verdi (1813 – 1901) anlässlich ihres 200. Geburtstags- Jubiläums. Wagner, Sonate für das Album von Mathilde Wesendonk. Verdi, Romanze für Klavier. Rossini/ Liszt Li Marinari, Duett aus „Soirées musicales“. Wagner/ Liszt, Spinnerlied aus der „Fliegende Holländer“. Wagner / Liszt, Isoldens Liebstod und zum Abschluss Verdi/ Liszt, Don Carlo, Festtagschor und Trauermarsch; Aida, Danza Sacra und Abschlussduett Paraphrase aus Rigoletto. •

Aktuell

Wear net sierig XXL

Vinzentinum Brixen 11. Mai - Menschärgere Dich nicht für einen guten Zweck

Ob Menschärgere Dich nicht, T´en fais pas, Mens erger je niet, Frustration, Ludo oder eben Wear net sierig XXL, es geht immer um das gleiche: Wer kommt zuerst ins Ziel und wer schickt den anderen wieder an den Start zurück. Ein Gesellschaftsspiel der besonderen Art am 11. Mai in der neuen Turnhalle des Vinzentinums in Brixen.



Vier Teams zu je fünf Personen waren gegeneinander angetreten: lebende Spielfiguren in den Farben grün, blau rot und gelb aus den Bereichen Politik, Sanität, Sport und Jugend. Organisiert wurde das Brettspiel in Übergröße von der Krebshilfe Eisacktal – Gröden, die Einnahmen gingen zugunsten der Südtiroler Krebshilfe.
Einer der XXL-Spielsteine war der grüne Landtagsabgeordnete Hans Heiss, zufällig war seiner Mannschaft, der außerdem die Kammerabgeordnete Renate Gebhard und Arno Kompatscher von der SVP sowie Pius Leitner von den Freiheitlichen angehörten, die Farbe Grün zugewiesen. Jeder SpielerdesPolit-Teams erhielt einen Kittel und ein Zwergenkäppchen in dieser Farbe. Ein nicht ganz ernst zu nehmendes Interview.
Chance:„Wear net sierig“, das ist ein Motto, das Sie sich wahrscheinlich auch im Politikalltag immer wieder zu Herzen nehmen müssen?
L.Abg. Hans Heiss: Ja, im Prinzip ist die Politik einem Gesellschaftsspiel nicht unähnlich, nur dass wir in Brixen auf einem ganz überschaubaren Feld, mit klaren Regeln und parteiübergreifendem Konsens gespielt haben. Ein harter aber fairer Kampf bis zum letzten Wurf. Nebenbei die ideale Beschäftigung für einen verregneten Samstagnachmittag.
Chance: Am Anfang stand das Warten auf die sechs?
Hans Heiss: Wir hatten so unsere Startschwierigkeiten, wie so oft beim Mensch ärgere Dich nicht. Aller Anfang ist zäh. Wenn keine Sechsen fallen, sinkt die Moral schnell.
Chance: Wer hatte den Würfel in der Hand?
Hans Heiss: Pius Leitner ließ den Würfel für uns fallen.
Chande: Wie war die Stimmung auf dem Spielfeld?
Hans Heiss: Engagiert. Es war eine beinharte Auseinandersetzung, wer wen vom Feld kickt, bzw. wer wen überholt oder eben doch hintan bleiben muss. Wie beim realen Mensch ärgere Dich nicht, war auch unser Spiel von Schüben von Demoralisierung und übertriebenen Verzweiflungszuständen geprägt,die nach einem entsprechenden Wurf schnell in Jubel und Triumphgeschrei umschlugen.
Chance: Also fast so wie in der Politik! Und wie fühlt man sich als lebensgroße Spielfigur?
Hans Heiss: Um mindestens 40 Jahre jünger…
Chance: Wurden die Spielregeln immer eingehalten?
Hans Heiss: Dafür sorgten die Präsidentin der Krebshilfe, Renate Daporta Jöchler, die uns souverän durch das Spiel lotste und Clown Malona, alias Theresia Prantner, die uns bei Laune hielt und ordentlich durch den Kakao zog.
Chance: Und am Schluss kam es dann - wie nicht selten auch in der Politik - ganz anders als vorhergesehen…
Hans Heiss: Genau. Wir, also das Polit-Team, waren eigentlich von Anfang an die Letzten, als sich das Blatt ganz überraschend zu unseren Gunsten wendete und wir tatsächlich an allen unseren Gegnern vorbeiziehen und als erste alle vier Spieler ins Ziel stellen konnten.
Chance: Ein verregneter Samstag, der in Erinnerung bleiben wird?
Hans Heiss: Ja und nicht nur uns. Vor allem nach der ersten Spielhälfte füllte sich die Zuschauertribüne zusehends, die Leute hatten ihren Spaß und ich glaube, sie haben auch gerne für die gute Sache gespendet.
Menschärgere Dich nicht
Eines der populärsten Gesellschaftsspiele für zwei bis sechs Personen. Als Mensch ärgere Dich nicht im Winter 1907/ 08 von Josef Friedrich Schmidt in Anlehnung an das englische Spiel Ludo erfunden. Ab 1914 in Deutschland in Serie produziert. Im Unterschied zum Vorbild Ludo, das seinerseits auf das indische Spiel Pachisi zurückgeht, sind in den Spielregeln des „Mensch ärgere Dich nicht“ keine taktischen und strategischen Variationen vorgesehen. Durch die Mauren ist das Brettspiel Pachisi über Spanien nach Europa gelangt. An orientalischen Höfen wurde es bisweilen mit Bediensteten als Figuren auf entsprechend großen Spielfeldern gespielt. 
Bis heute wurden mehr als 70 Millionen Exemplare des Spiels verkauft, aktuell etwa 100.000 Exemplare jährlich. In den ersten Jahren war das Spiel nicht sonderlich erfolgreich; es schaffte den Durchbruch im Ersten Weltkrieg, als sein Erfinder JosefSchmidt 3.000 Spiele an Lazarette verschickte, damit sich die Soldaten die Langeweile vertreiben konnten. Dank dieser Taktik und der darauffolgenden Mundpropaganda gelang es, bis 1920 eine Million Spiele zum Preis von 35 Pfennigen das Stück zu verkaufen. Bis heute ist das Spielfeld des traditionellen „Mensch ärgere dich nicht“ unverändert. Auf der Vorderseite das Spielfeld für vier Spieler, auf der Rückseite für sechs, auch die Spielfiguren in den traditionellen Farben Grün, Rot, Blau, Gelb sowie Schwarz und Violett in der Sechs-Spieler-Variation sind unverändert.
Andere Namen: Non t´arrabbiare (I), Mens erger je niet (NL), Eile mit Weile (CH), T´en fais pas (F), Frustration (USA) •