Aktuell

Im Netz geht’s besser

Netzwerktage mit verschiedenen Einrichtungen aus dem psycho-sozialen Bereich

Systemisch denken und handeln - Gemeinsam bewegen. Das war das Motto der Netzwerktage im April in Kloster Neustift. Eine Plattform für Information und persönliche Begegnung sowie die Möglichkeit, Beziehungen entstehen zu lassen oder bestehende Beziehungen zu stärken.
Neben der Vorstellung wichtiger Südtiroler Einrichtungen und verschiedener Infostände wurde während der Netzwerktage auch ein Fortbildungsseminar zum Thema „Embodiment – beraten mit Herz, Hand und Verstand“ angeboten und das Berufsbild des „Systemischen Lebensberaters“ näher vorgestellt. Systemische Lebensberatung istprofessionelle und psychosoziale Beratung von Einzelnen oder Gruppen mit dem Ziel, Problemlösungs- oder Veränderungsprozesse anzustoßen, zu steuern und zu begleiten. An der Podiumsdiskussion am 19. April zum Thema „Chancen und Grenzen der Systemischen Lebensberatung“ nahmen Dr. Andreas Conca, Primar in der Psychiatrie Bozen, Dr. Stefan Eikemann von der Familienberatungstelle Bozen, Renata Daporta von der Südtiroler Krebshilfe, Dr. Alfred König, Direktor des Amtes für Gesundheitsprengel, Dr. Ursula Steinkasserer, Systemische Lebensberaterin sowie Andreas Zimmermann, Psychologe und Psychotherapeut teil. Moderiert wurdedie Veranstaltung von Alfred E. Mair.•

Aktuell

Stoma– Na und?

Die Stomaträger-Vereinigung Provinz Bozen

Sie sieht weder krank aus, noch alt, noch leidend. Im Gegenteil. Rote Haare, schlank, enge Jeans, sportliches Jäckchen, dezent geschminkt. Eine attraktive Frau, der man ansieht, dass sie ihr Leben gerne lebt. Das ist Carmen Natoli. 47 Jahre alt. Seit eineinhalb Jahren Präsidentin der Stomaträgervereinigung Provinz Bozen.
D ie Bruneckerin ist das beste Aushängeschild für ihre Vereinigung und wenn sie Patienten im ganzen Land besucht, kann sie allein schon durch ihre Erscheinung Optimismus und Zuversicht säen. „Der Begriff Stoma ist immer mit alt, übelriechend und krank behaftet, nichts davon ist wahr“, sagt Carmen und sie selbst ist das besteBeispiel dafür.
Seit 15 Jahren schon trägt sie ihr Iliostoma, den künstlichen Ausgang des Dünndarms. Und sie lebt ganz normal. Arbeitet als Sekretärin, ist unterwegs im ganzen Land für ihre Vereinigung. „Vor fünf Jahren habe ich meinen Mann kennengelernt, vor einem Jahr haben wir geheiratet“, erzählt sie und will damit auch mitteilen, dass das Leben wirklich in jeder Beziehung normal ist. Auch die Sexualität muss unter einem Stoma nicht leiden.
Stomaträger gibt es in jeder Altersgruppe. Nicht jedes Stoma ist definitiv, in vielen Fällen kann der Darm nach einer Ruhepause wieder reaktiviert werden. Nicht alle Stomaträger möchten dies. Carmen z. B. nicht. „Ich habe mich an meine Situation gewöhnt und möchte keine Operation riskieren, von der ich nicht hundertprozentig weiß, wie sie ausgeht.“
Das Stoma ist Teil ihres Lebens, ist Routine geworden. Wie wichtig das ist, versucht sie schon beim ersten Besuch den Patienten mitzuteilen. Carmen sucht Patienten unmittelbar vor bzw. unmittelbar nach der Operation auf. Sie kennt kein Tabu und geht bereitwillig auf alle Fragen der Patienten ein, für die zunächst das Leben mit Stoma als Katastrophe erscheint.
Carmen möchte mit ihrer Offenheit Schule machen. „Es ist ungemein wichtig, dass wer ein Stoma trägt, sich zumindest mit der Familie, mit seinem Partner ganz öffnet und frei über alles reden kann.“ In den Krankenhäusern steht sie in engem Kontakt mit den Stomatherapeuten der jeweiligen Stoma-Ambulanz. Nach Bozen kommt sie jede Woche, in die anderen bei Bedarf. „Je besser die Patienten schon vor dem Eingriff aufgeklärt werden, desto besser können sie ihr Stoma annehmen.“ Nach der Operation dauert es meist mehrere Monate, bis der Patient sich an seinen künstlichen Darm- bzw. Harnausgang gewöhnt hat. Nicht alle sind bereit sich zu outen.
Ganz wichtig ist für Carmen die Selbstständigkeit. Schon im Krankenhaus soll man beginnen sein Stoma selbst zu wechseln. „Unser Raum dafür ist das Bad“, betont Carmen. Und das ist vielleicht die einzige Einschränkung in ihrem Leben.Sie braucht ein Bad in der Nähe, um sich sicher zu fühlen.
Ansonsten fühlt sie sich in keinster Weise durch das Stoma eingeschränkt. Es ist längst ein Teil von ihr. „Andere Leute tragen eine Brille im Gesicht, ich habe einen Beutel am Bauch, den niemand sieht.“ Die engen Jeans beweisen es. Auch auf den Bikini muss sie nicht verzichten. „Ich gebe ein großes Pflaster darüber und mehr sieht man nicht.“
Vor der Operation entscheidet der Stomatherapeut gemeinsam mit dem Patienten, wo genau der künstliche Ausgang gesetzt werden soll. Das Iliostoma sitzt auf der rechten Bauchseite, das Colostoma auf der linken. Das Urostoma, der künstliche Harnausgang kann an verschiedenen Stellen gesetzt werden.
Der Stomabeutel wird entweder an einer Platte die über das Stoma gestülpt und auf der Bauchdecke festgeklebt ist, befestigt, oder direkt an die Bauchdecke geklebt. Die Beutel sind aus einem besonderen Material gefertigt, das geruchsundurchlässig und besonders resistent ist. Das Stoma, also der Darm bzw. der Harnleiter, die durch die Bauchdecke nach außengeführt werden und im Inneren mit dieser vernäht werden, sind nervenfreies Gewebe.
Stomaträger sind ungefähr zu gleichen Teilen männlichen bzw. weiblichen Geschlechts, mit Ausnahme des Urostoma. Hiervon sind mehr Männer betroffen.
Nicht alle Stomaträger leiden an einer Krebserkrankung. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe für das Versagen des Darms: Autoimmunerkrankungen wie  chronische Darmentzündungen (z. B. Morbus Crohn), Neigung zur Bildung von Darmpolypen,Komplikationen nach Operationen im Bauchraum oder auch Organfehlbildungen bei Neugeborenen. Stomaträger gibt es deshalb in allen Altersgruppen. Bei Frauen ist das Stoma z. B. keine Kontraindikation für eine Schwangerschaft. Die einzige Einschränkung auch beruflicher Natur ist, dass Stomaträger keine schweren Gewichte heben sollen, um keine Hernia zu riskieren.
Die Stomaträger-Vereinigung der Provinz Bozen gibt es seit zwanzig Jahren; sie zählt ca. 150 Mitglieder. Allein im letzten Jahr sind 70 neue Mitglieder dazugekommen. Carmen Natoli legt großen Wert darauf, die Vereinigung in denDienst der Mitglieder zu stellen und persönlichen Kontakt zu den Mitgliedern zu pflegen. Der Sitz der Vereinigung in Bozen in der Marconistraße 9/2 ist jeden Dienstag von 9 bis 11 Uhr geöffnet. Carmen selbst ist jederzeit unter ihrer Handynummer erreichbar. Stoma-Ambulanzen gibt es in den Krankenhäusern von Bozen, Brixen, Bruneck, Meran und Innichen. Die Vereinigung zählt mit Carmen Natoli sieben Ausschussmitglieder.
In den Krankenhäusern Bozen, Brixen, Meran und Innichen werden zweimal jährlich Patiententreffen organisiert, in Bruneck treffen sich die Stomapatienten einmal im Monat.Zweimal pro Jahr organisiert die Vereinigung einen Mitgliederausflug, sowie im Dezember eine Weihnachtsfeier. In Monte Silvano bei Rom findet alljährlich im Oktober das internationale Stomatreffen statt, die Südtiroler Stomaträger-Vereinigung ist der italienischen Vereinigung FAIS angeschlossen.
Die Stomaträger-Vereinigung informiert ihre Mitglieder ähnlich wie die Krebshilfe über alle medizinisch-rechtlichen Belange, vermittelt medizinische und/ oder psychologische Beratung, hilft bei Anträgen für die Zivilinvalidenrente oder Pflegegeld. Berät über Stomaunterwäsche und Bademode.Stomabeutel, Befestigungsplatte und Reinigungsmittel gibt es gegen ärztliche Verschreibung in den Apotheken oder in Reformhäusern.
Carmen Natoli hat frischen Wind in die Stomaträger-Vereinigung gebracht. Im Augenblick verfolgt sie ein Projekt, das Stomapatienten Auslandsreisen erleichtern sollen. Da der Stomabeutel mit Flüssigkeit gefüllt ist und die Patienten im Fall einer Flugreise alle notwendigen Reinigungsmittel u. ä. mit sich führen müssen, kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Flugabfertigung, weil nicht alle Beamte über dieses Problem informiert sind. Carmen möchte nach dem Beispiel Deutschlands auch für Südtiroler Patienten ein internationales Zertifikat einführen, das den Stomaträger als solchen ausweist. Und das ist erst der Anfang…
Info
Stomaträger Vereinigung Provinz Bozen
Marconistraße 9/2 in Bozen
Tel.: 0471 981423
Mail: info@stoma-bz.it
www.stoma-bz.it
Handy Carmen Natoli: 347 2461738 •