Thema

Pflege und Anspruch

Bestmögliche medizinische und menschliche Betreuung/ Geschützte Entlassung
Fotos: Othmar Seehauser
Zwanzig Betten, drei Einzelzimmer, Südseite. Vor dem Eingang zur Abteilung geht es auf den eingerichteten Dachgarten. Drinnen herrscht sanfte Ruhe und Betriebsamkeit ohne Hektik. Sanft und sicher ist das Motto der gynäkologischen Abteilung im Krankenhaus Meran, die seit 17 Jahren von Primar Dr. Herbert Heidegger geleitet wird.
Klaus Wohlgemuth
Sanft ist auch der erste Eindruck, den Klaus Wohlgemuth, Pflegekoordinator der Gynäkologie und der Urologie erweckt. Das Pflegepersonal ist eingeteilt in drei Schichten, je zwei Kollegen am Morgen, am Nachmittag und in der Nacht.
Das Pflege-Personal ist neben den allgemeinen medizinisch-pflegerischen Kompetenzen spezifisch geschult auf Gesprächsführung und psychologische Unterstützung onkologischer Patientinnen. Immerhin sind etwas mehr als ein Drittel der Frauen, die in der Gynäkologie aufgenommen werden, onkologische Fälle.
Jeden Morgen um 7.30 Uhr treffen sich die Koordinatoren der drei Stützpunkte, Gynäkologie, Geburtshilfe und Kreißsaal mit Neugeboren-Zimmer mit den diensthabenden Ärzten zur Morgenbesprechung. Die Pflege der Gynäkologie trifft sich zusätzlich noch zu einer Fall-Besprechung. „Wir legen Wert auf die Kommunikation, nicht nur mit den Patienten, sondern auch untereinander. Nichts wird auf die lange Bank geschoben, Probleme sofort angesprochen,“ betont Wohlgemuth. Das positive Arbeitsklima kommt den Patientinnen zugute.
Als Pflegekoordinator ist Wohlgemuth auch für die Schulung des Personals verantwortlich, pro Jahr muss jede Krankenschwester, jeder Pfleger mindestens 50 Stunden nachweisen, Wohlgemuth gibt Inputs bei der Auswahl der Kurse. „Im europäischen Vergleich sind wir hier in Meran sehr gut aufgestellt“, betont er nicht ohne Stolz. Die dokumentierte Patientenzufriedenheit belegt das.
Keine Patientin ist eine Nummer und jede wird nach ihrem Bedarf unterstützt. „Es gibt gerade in der Onkologie ganz unterschiedliche Bedürfnisse“, unterstreicht Wohlgemuth. „Patientinnen, die lieber allein gelassen werden möchten, Patientinnen, die Ansprache und Beistand oder Trost brauchen. oder Unterhaltung suchen.“ Von den zwanzig Betten der Abteilung sind drei als Einzelzimmer ausgelegt, wenn der Bedarf besteht. Im Rahmen der geschützten Entlassung bietet Meran den Patientinnen eine Rundum-Betreuung an.
Wie notwendig das ist, sieht der Pflegekoordinator nicht zuletzt auch im Vergleich mit den männlichen onkologischen Patienten der Urologie. „Es gibt einen großen Unterschied bei Brustkrebs- und Prostatapatienten. Frauen sind ihren erkrankten Männern im Allgemeinen eine große Stütze´, sowohl seelisch als auch in praktischen Belangen. Umgekehrt muss ich sagen, dass Frauen mit Brustkrebs oder Unterleibskrebs oft alleine sind und in ihrem Partner keine Stütze finden!“
Die Abteilung Gynäkologie lässt die Patientinnen nicht allein. Noch bevor der Entlassung wird die Situation der Patientinnen in Gesprächen geprüft. „Wenn es notwendig ist", betont Pflegekoordinator Wohlgemuth, "organisieren wir von der Abteilung aus Unterstützung von Seiten des Sprengels und der Sozialassistenten, angefangen von der Abholung, von Hilfe zuhause usw.“ Diese Hilfestellung wird von den Patientinnen im Allgemeinen gerne angenommen.
Jede Patientin wird während ihres Aufenthaltes auf der Abteilung automatisch von einem Mediziner der Abteilung für Komplementärmedizin kontaktiert sowie vom Onko-Psychologen und von einer Ernährungsberaterin. Sie kann dann frei entscheiden, ob sie dieses Angebot wahrnehmen möchte oder nicht.
Klaus Wohlgemuth hat eine zweijährige Ausbildung in Aromatherapie abgeschlossen, für jede Patientin wird eine ihrem Zustand und ihren ganz eigenen Bedürnissen entsprechende Aroma-Therapie zusammengestellt. Es gibt Mischungen zum Beruhigen, zur Atemstimulierung, zum allgemeinen Wohlbefinden, zum Anregen, zur Dekubitusprophylaxe usw.

Thema

Die Patientin entscheidet mit

Aufklärung über Eingriff, Risiken und weitere Therapie - Telepathologie
Fotos: Othmar Seehauser
Dr. Johann Hübner entlässt die Patientin aus dem Arztzimmer am Eingang der Abteilung. Hier werden die Patientinnen empfangen, wenn sie auf die Abteilung kommen. Hier werden sie aufgeklärt über ihre Therapie, über eventuelle bevorstehende Eingriffe. Dr. Hübner ist auf Unterleibseingriffe spezialisiert.
Dr. Johann Hübner
Auf seinem Schreibtisch steht ein realistisches Modell des weiblichen Genitalapparates aus Kunststoff, um den Frauen, den ihnen bevorstehenden Eingriff so gut wie möglich erklären zu können. Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke, Gebärmutterhals und Scheide. „Wir versuchen die Patientinnen auf behutsame Weise so komplett wie möglich zu informieren“, betont der Chirurg Johann Hübner. „Vor der Operation klären wir auf über den bevorstehenden Eingriff und die damit verbundenen Risiken. Nach dem Eingriff, wenn wir das komplette Bild haben, über die weiterführende Behandlung.“
Dr. Hübner erklärt den Patientinnen beispielsweise das Prinzip der Schnellschnittdiagnose und der Telepathologie. Schon während des Eingriffs kann der Chirurg das entfernte Gewebe so präparieren und aufschneiden, dass der Pathologe in Bozen über Bildschirm schon während der Operation eine erste Beurteilung abgeben kann, von der der weitere Operationsverlauf abhängen könnte, d. h. ob je nach Befund nicht nur die Gebärmutter, sondern auch die Eileiter und Eierstöcke entfernt werden sollen noch bevor der definitive histologische Befund, der in der Regel zehn Tage braucht, vorliegt. „Wir versuchen die Patientin mit ins Boot zu holen, ihr soweit es geht, die Entscheidung zu überlassen,“ betont Hübner. Meistens entscheiden sich die Frauen für´s Abwarten, auch wenn dies bedeutet, sich einem zweiten Eingriff zu unterziehen.
Das Team der gynäkologischen Abteilung Meran ist einmal wöchentlich über das Tumorboard mit Onkologen, Chirurgen, Radiologen, Pathologen und Onko-Psychologen in Bozen verbunden, um gemeinsam die Therapie der Krebspatientinnen zu festzulegen. Auch mit der Universitäts-Frauenklinik Innsbruck hält Meran jede Woche ein Tumorboard ab. Leitlinien für die Festlegung der Therapie sind die Protokolle der deutschen, italienischen und europäischen Krebsgesellschaften. „Bei Diskrepanzen ist Innsbruck die letzte Instanz“, sagt Dr. Johann Hübner.
Etwas mehr als ein Drittel der Patientinnen auf der gynäkologischen Abteilung sind Krebspatientinnen. Zwei Drittel von ihnen haben Brustkrebs, ein Drittel von ihnen Gebärmutter, Eileiter, Eierstock oder Scheidenkrebs.
Die anderen Patientinnen haben gutartige Erkrankungen im Genitalbereich. Myome, Senkungsbeschwerden oder benötigen anderweitige urogynäkologische Eingriffe. „Wo es möglich ist“, erklärt Dr. Johann Hübner, „werden die Eingriffe auf mikroinvasive Weise, d. h. laparoskopisch durchgeführt.“
Die Gynäkologie Meran ist auch auf die Behandlung von Patientinnen, die an Endometriose leiden spezialisiert. Hübner: Diese Patientinnen haben oft jahrelang Beschwerden, bis ihre Erkrankung diagnostiziert wird. Mittlerweile ist dieser Erkrankung auch in Italien der Status als stark behindernde Pathologie zuerkannt.
Bösartige Gewebeneubildungen, Neoplasien, im Unterleib betreffen vor allem den Gebärmutterkörper. Eine typische Krebserkrankung der Post-Menopause bei Risikopatientinnen (hoher Blutdruck und Cholesterinspiegel, Übergewicht). Der Gebärmutterhalskrebs betrifft auch junge Frauen, er wird von verschiedenen HPV-Viren hervorgerufen und kann durch den PAP-Test entdeckt werden bzw. durch den HPV-Test.
Bei einer Gebärmutterentfernung, auch im Fall von gutartigen Veränderungen, stellt sich immer die Frage, betont Hübner, ob nicht auch vorbeugend die Eileiter bei Belassung der Eierstöcke zu entfernen seien, auf die Weise schützt sich die Frau und ihr Hormonhaushalt bleibt intakt.
Eierstockkrebs schließlich ist sehr aggressiv und in der Anfangsphase symptomfrei. Er tritt meist im Zusammenhang mit genetischer Vorbelastung auf.