Patronat

Ich habe Rechte!

Voraussetzungen für Invalidengeld und Arbeitsunfähigkeitsrente INPS/ NISF
Kaum ist der erste Schock nach einer Krebsdiagnose überwunden, sehen sich viele Betroffene mit einer Reihe von Fragen konfrontiert, die nicht direkt mit dem Gesundheitszustand zu tun haben, die aber ebenso lebenswichtig wie die Therapie sind: Was ist jetzt mit meiner Arbeit? Von was werde ich leben?
Eine Krebserkrankung hat weitreichende Folgen und wird von vielen Betroffenen als existenzbedrohend wahrgenommen. Nicht nur in Hinblick auf die Gesundheit.

Wie lange bekomme ich noch mein Gehalt? Wie lange kann ich im Krankenstand sein? Was passiert, wenn die Maximal-Frist für den Krankenstand – das sind sechs Monate - abgelaufen ist? Das sind die häufigsten Fragen, die sich Menschen stellen, die eine Krebsdiagnose gestellt bekommen, wenn sie noch nicht im Rentenalter sind, sondern noch mitten im Arbeitsleben stehen. Fragen, die man sich vorher eben nicht stellt und die Ursachen zusätzlicher Verunsicherung und zusätzlichen Stresses sind.

Anny Obergasser, Direktorin des Patronats INCA von CGIL/ AGB rät, sobald wie möglich um einen Termin beim ihrem oder auch einem anderen Patronat anzusuchen. „Wir informieren über die Rechte und helfen bei der Abwicklung bürokratischer Angelegenheiten.“

Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen den Kategorien private Angestellte und Selbständige, jene, die bei einem Ersatz- und Ergänzungsfonds der Allgemeinen Pflichtversicherung eingetragen sind sowie öffentliche Angestellte. Außerdem zwischen Antragstellern, die bereits vor dem 31.12.1995 Fürsorgebeiträge eingezahlt haben und jene, die erst später damit angefangen haben. Hier ändert sich nämlich die Berechnungsgrundlage. Vor 1996 wird das sogenannte gemischte System angewandt, d. h. beitrags- und lohnbezogen. Danach nur mehr das beitragsbezogene System.

Voraussetzung, sowohl für das Ordentliche Invalidengeld, als auch für die Arbeitsunfähigkeitsrente ist, dass der Betreffende mindestens 260 Wochenbeiträge, d. h. fünf Beitrags- und Versicherungsjahre nachweisen kann, wovon mindestens 156 Wochenbeiträge, das entspricht drei Beitrags- und Versicherungsjahren in den letzten fünf Jahren vor dem Einreiche-Datum des Antrags entrichtet worden sein müssen.
Invalidengeld
Anrecht auf Invalidengeld haben Personen, die vermindert arbeitsfähig sind, d. h. die aufgrund ihrer Erkrankung bestimmte Tätigkeiten nicht mehr ausüben können. Diese Arbeitsunfähigkeit muss von der Ärztekommission des INPS/ NISF festgestellt werden. Sie gilt für drei Jahre und wird anschließend wieder von der Ärztekommission beurteilt. Verlängert werden kann sie maximal drei Mal. Besteht die Arbeitsunfähigkeit nach diesem Zeitraum immer noch, erhält die betreffende Person Frührente. Die entsprechende Fürsorgeleistung richtet sich nach den eingezahlten Beträgen, die Einstellung der Erwerbstätigkeit ist nicht erfordert. „Der Gedanke hinter dieser Regelung“, erklärt Anny Obergasser, „ist, dass die Erkrankten sozusagen eine Pufferzone haben, einen Zeitraum, in dem sie sich noch ausruhen und erholen können, indem sie weniger arbeiten bzw. leichtere Tätigkeiten verrichten.“
Arbeitsunfähigkeit
Anders sieht es aus bei der Arbeitsunfähigkeitsrente. In diesem Fall bestätigt die Ärztekommission eine dauerhafte und vollständige Unfähigkeit für jegliche Arbeit aufgrund physischer oder psychischer Behinderungen. Wer vor dem Stichtag Silvester 1995 schon gearbeitet hat, erhält in diesem Fall die volle Rente, d. h. wie nach vierzig Beitragsjahren, wer danach begonnen hat, im Verhältnis zu den tatsächlich eingezahlten Beträgen.

Bei Feststellung einer permanenten Arbeitsunfähigkeit darf die betreffende Person kein wie auch immer geartetes privates Arbeitsverhältnis aufrechterhalten bzw. eingehen. Sie wird außerdem für immer aus allen Berufskammern bzw. Berufsverzeichnissen gestrichen und muss auf jegliche weiteren Fürsorge-Leistungen wie Arbeitslosengeld und ähnliches mehr verzichten.

Sowohl das Invalidengeld als auch die Arbeitsunfähigkeitsrente werden ab dem 1. Tag des Monats bezahlt, der auf den Monat folgt, in dem der Antrag gestellt wurde.

Die Anträge auf Auszahlung von Invalidengeld bzw. die Arbeitsunfähigkeitsrente können nur über folgende Kanäle gestellt werden:

Online über das INPS/ NISF Internetportal, dem das entsprechende, vom Hausarzt ausgefüllt Attest (Modell SS3) beigelegt ist
Telefonisch über das Contact Center des INPS/ NISF. Kostenlos vom Festnetz unter 803163 und gebührenpflichtig über Mobilnetz unter der Rufnummer 06164164
Über die verschiedenen Patronatsstellen (wie z. B. INCA von CGIL/ AGB)
Ein Beispiel, um eine Vorstellung von der Höhe des Invalidengelds zu haben: Wer 20.000 Euro brutto im Jahr verdient und 16 Beitragsjahre vorzuweisen hat, kann laut Anny Obergasser mit ungefähr 500 Euro im Monat rechnen.

Bei öffentlichen Angestellten ist die Situation anders. Anny Obergasser: „Öffentliche Bedienstete haben kein Anrecht auf Invalidengeld, weil ihr Kündigungsschutz nicht verfällt. Sie haben Anrecht auf drei Jahre Krankengeld und werden anschließend automatisch in Frühpension geschickt.“ Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit haben die öffentlichen Bediensteten zudem die Möglichkeit andere Tätigkeiten auszuüben, die mit der festgestellten Arbeitsunfähigkeit vereinbar sind.

Wer in der Privatwirtschaft arbeitet, sollte sich im Krankenfall zusätzlich sofort nach der (kollektivvertraglich) festgelegten Kündigungsfrist und der Krankengeldregelung erkundigen.
Es sind viele Dinge, die im Krankheitsfall zu bedenken sind und die auf die Betroffenen einstürzen in einem Augenblick, in dem ihre ganze Welt ohnehin schon ins Wanken geraten ist. „Für uns ist es daher ganz wichtig zu vermitteln, dass wir vom Patronat INCA zur Stelle sind“, unterstreicht die Direktorin des Patronats, Anny Obergasser. „Jeder soll wissen: Ich habe Rechte und bin nicht allein!“
Die Landesdirektorin des Patronats Inca, Anny Obergasser beantwortet konkrete Fragen unserer Leser. Mail: info@krebshilfe.it bzw. Post an Südtiroler Krebshilfe, Drei Heiligen-Gasse 1, 39100 Bozen.
Das INCA - Patronat der CGIL/ AGB ist volumenmäßig das wichtigste italienische Patronat und steht in Italien jährlich mit mehr als 5 Millionen ArbeiterInnen in Kontakt, zudem mit 600.000 im Ausland lebenden Italienischen StaatsbürgerInnen. Zusammen mit dem Steuerdienst CAAF, dem Streitfragenbüro, dem Einwandererschalter und dem Sicherheitsschalter ist es Teil des Dienstsystems der CGIL: Arbeitnehmer, Rentner, Bürger, Auswanderer und Einwanderer, sie alle können sich an die INCA - Schalter wenden, um Informationen über sämtliche Rentenversicherungsleistungen einzuholen, oder auch um Unterstützung bei den verschiedenen Möglichkeiten der Vorsorge sowie der Leistungen des Sozial- und Gesundheitswesens zu erhalten.
Das INCA - Patronat bietet Informationen, Unterstützung und Schutz auf verwaltungsrechtlicher Ebene und, wenn nötig, auch bei Gerichtsverfahren. Die Tätigkeiten des INCA-Patronats sind für jene, die sie in Anspruch nehmen, kostenlos.
Bozen Triesterstr., 70/a 0471 926545
Piacenzastr. 54 0471 926404
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Neumarkt Rathausring, 44 0471 812305
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Brixen Fallermayer-Str., 9 0472 831498
Bruneck Europastr., 20 0474 370162
Meran Otto Huber-Str., 54 0473 203418
Schlanders Hauptstr., 30 0473 203430
Sterzing Geizkofler-Str., 12 0472 764236

Lymphdrainage

Bei Bedarf auch Hausbesuche

Lymphdrainage ist eine ganzheitliche Therapie/ Ambulatorium Bozen
Eine Lymphdraiange-Terapie ist oft lebensbegleitend. Zwischen Therapeut und Patient entwickelt sich eine besondere und innige Beziehung
Maria Teresa Zanoni, Sonja Mitrova

Schlicht und lichterfüllt sind sie, die beiden Behandlungszimmer für Lymphdrainage im Bezirkssitz der Krebshilfe-Sektion Bozen. Einladend. Maria Teresa Zanoni arbeitet hier seit 27, ihre Kollegin Sonja Mitrova seit elf Jahren. Von Montag bis Freitag, 9 bis 14 Uhr. Bei Bedarf und auf Verschreibung vom Facharzt kommen Maria Teresa und Sonja auch nach Hause.
Bis 2016 waren die Hausbesuche sehr gefragt. Jeweils die letzten Stunden ihres Arbeitstages waren Maria Teresa und Sonja unterwegs. Wo es möglich ist, bringen sie das tragbare Massagebett mit, wenn keine Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe vorhanden sind, nehmen sie mit dem, was sie vorfinden Vorlieb, Bett oder Couch. In diesem Jahr sind die Nachfragen für Hausbesuche erstaunlich zurückgegangen. Auf Verschreibung des Facharztes bieten alle Bezirke der Südtiroler Krebshilfe Hausbesuche für Lymphdrainage an. Alte Menschen, stark Übergewichtige sowie Patienten, die in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt sind. Die Therapie muss im jeweiligen Bezirks-Büro vorgemerkt werden. In Bozen unter Tel. 0471 283719.

Besteht ein Unterschied, ob ein Patient ins Ambulatorium kommt oder zuhause behandelt wird? Nein, sagen die beiden Therapeutinnen, nur die äußeren Bedingungen wechseln. Vorausgesetzt natürlich, dass der jeweilige Patient auch zuhause einen Raum hat, wo er mit der Therapeutin alleine ist. Lymphdrainage ist eine sehr intime Angelegenheit und umfasst den ganzen Menschen. Körper, Psyche, Gewohnheiten, Lebensstil, Verfassung.

Eine Therapie zudem, die nicht wie eine Physiotherapie nach einem Bruch oder einer Bänderverletzung nach zehn, fünfzehn Anwendungen beendet ist, sondern die sich über Jahre hinwegziehen kann, ja oft lebensbegleitend ist. Zwischen Therapeut und Patient entwickelt sich deshalb eine ganz besondere und innige Beziehung. „Wir müssen immer die ganze Person im Auge haben“, betont Sonja. „360 Grad. Vor allem der emotive Aspekt ist sehr wichtig. Oft reicht ganz wenig, eine kleine Aufregung, ein Schreck, ein Ärger und schon schwillt ein Arm oder ein Bein an.“ Sie bearbeiten eben nicht nur Nacken, Arme oder Beine, leeren nicht nur Venen, sondern behandeln den ganzen Menschen, Körper und Seele. Zur Lymphdrainage gehören auch Ratschläge für das tägliche Leben. Wie man sich mit einem Ödem am besten kleidet, worauf man bei der Ernährung achten sollte, wie man vor allem im Sommer kleine Verletzungen und Mückenstiche vermeiden kann.

Was bei beiden auffällt, so unterschiedlich sie auch sein mögen, ist ihre sanfte Art zu sprechen. Maria Teresa und Sonja gehen ganz auf ihr Gegenüber ein, man spürt aus ihrer ganzen Haltung heraus Fürsorge. Den Patienten hilft dies, sich unter ihren Händen völlig zu entspannen.

Maria Teresa ist auf Umwegen zur Lymphdrainage gekommen, Sonja hat nach ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin sofort auch die Ausbildung für Lymphdrainage in Österreich angehängt. Ihr Traumberuf seit jeher. Maria Teresa war von klein auf mit Sport und Bewegung konfrontiert, hat aktiv Sport getrieben und in jungen Jahren Schwimmunterricht gegeben und Wassergymnastikkurse gehalten. Ihr Psychologiestudium musste sie nach dreieinhalb Jahren aus familiären Gründen abbrechen, aber für ihre Arbeit als Physiotherapeutin hat sie von diesen Kenntnissen profitieren können. Für ihre Patienten, aber auch für sich selbst. Sie verfolgt zusätzlich zur Supervision ein individuelles psychologisches und spirituelles Programm, um sich die Kraft für ihre tägliche Arbeit zu bewahren.

Die Grundtechniken der Lymphdrainage, das Grundprinzip dieser so wichtigen Therapie hat sich in den letzten zwanzig Jahren nicht geändert. Wohl aber sind andere, neue Techniken hinzugekommen, die den Effekt der Lymphdrainage verstärken. „Das Problem ist heute“, so Maria Teresa, „dass aufgrund der zunehmenden Sparmaßnahmen, die Behandlungen oft zu spät einsetzen. Lymphdrainage sollte grundsätzlich allen Patienten und sofort nach dem chirurgischen Eingriff prophylaktisch verschrieben werden, um das Auftreten von Ödemen zu verhindern.“ Die Tendenz ist aber mehr und mehr, abzuwarten, bis effektive Beschwerden und Lymphödeme auftreten. Sonja: „Das Problem wird oft auch von Seiten der Ärzte unterschätzt. Lymphödeme sind zumindest am Anfang meist beschwerdefrei, wenn sie erst einmal da sind, können die Folgen aber weitreichend sein bis zum Verlust der Bewegungsfähigkeit!“ Und wenn sie erst einmal da sind, ist der Weg lange!

Maria Teresa und Sonja sind wie ihre Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bezirken der Krebshilfe regelmäßig auf Aus- und Weiterbildung. Mindestens viermal pro Jahr. „Wenn wir alle unsere Diplome aufhängen würden“, scherzen sie, „würden uns die Wände der beiden Behandlungszimmer nicht reichen.“

Ebenso regelmäßig haben sie Supervisions-Treffen. Von größter Bedeutung, um selbst im seelischen Gleichgewicht zu bleiben. „Viele Kollegen fragen uns, wie wir es so lange hier aushalten. Aber für uns ist die Arbeit mit unseren Patienten eine Bereicherung.“ Sie schauen sich an, „mit einer schönen Familie im Hintergrund, die Dich stützt, ist das alles kein Problem!“. „Der Gedanke, jemandem helfen zu können, der Kontakt zu meinen Patienten, sehen, dass meine Behandlung ihnen effektiv Besserung bringt,“ betont Sonja, „gibt mir Kraft und Freude für meine tägliche Arbeit.“

Und Maria Teresa begrüßt im Wartezimmer schon Maria, ihre nächste Patientin. „Na, heute siehst Du aber sehr gut aus, mir scheint, es geht sehr viel besser,“ sagt sie und Maria folgt ihr freudestrahlend ins Behandlungszimmer.