Aktuell

Vorsorglich vorsorgen

Patientenverfügung – Advance care planning, solange es nicht zu spät ist
Fotos: Othmar Seehauser
Es kann so schnell gehen. Ein Blutgerinnsel im Gehirn, eine Komplikation während eines chirurgischen Eingriffs, ein Unfall im Straßenverkehr oder beim Sport und wir können unseren Willen nicht mehr kundtun, können uns nicht mehr selbstbestimmen. Für diesen Fall vorsorgen sollte ebenso selbstverständlich sein wie die regelmäßige Krebsvorsorge.
Alle zwei bis drei Wochen hat Dr. Hartmann Aichner mittwochs um 10 Uhr Termin im Gemeindehaus Bruneck. Kurzvortrag und Diskussion zum Thema Patientenverfügung, organisiert vom Seniorengemeinderat. Jedes Mal melden sich um die zwanzig Personen an.

Dr. Aichner ist seit fünf Jahren im Ruhestand, er war mehr als zwanzig Jahre Primar der Gynäkologie am Krankenhaus Bruneck, hat am eigenen Leib erlebt, was es heißt, an Krebs zu erkranken. Er ist daher einerseits sehr vertraut mit der Materie, was die medizinischen Aspekte anbelangt, andererseits verfügt er auch über die Sensibilität eines Ex-Patienten, der nachvollziehen kann, welche Fragen einen Menschen bewegen, der sich mit der Patientenverfügung und den damit verbundenen Aspekten auseinandersetzt.

Die Patientenverfügung, betont Dr. Hartmann Aichner, „hat nichts mit aktiver Sterbehilfe zu tun. Es geht letztlich darum, zu entscheiden, was mit mir passiert, wenn ich durch Krankheit oder Unfall nicht mehr in der Lage bin, Entscheidungen zu treffen.“ Voraussetzung, um diese Entscheidung zu treffen, ist, sich intensiv mit diesem Thema und mit den eigenen diesbezüglichen Vorstellungen auseinanderzusetzen.

Wachkoma, Alzheimer, Demenz, neurologische Beeinträchtigungen durch Krankheit oder Unfall sind konkrete Krankheitszustände, die uns unserer Äußerungs- und Entscheidungsfähigkeit berauben können. Eine solche Situation tritt meist unvorhergesehen ein. Morgen, in zehn Jahren, am besten nie. Wer auch dann mitreden möchte, wenn er keine Stimme mehr hat, tut gut daran rechtzeitig eine Patientenverfügung auszufüllen und diese bei seinem Hausarzt, einem vertrauten Menschen oder einem Anwalt zu hinterlegen. Mitglieder der Organisation Socrem können sie auch dort hinterlegen und werden von dieser Organisation auch bei der Erstellung der Verfügung beraten.

„Die Broschüre ist leider etwas kompliziert“, meint Aichner, „nicht jeder versteht auf Anhieb, was auszufüllen ist.“ Ein Grund mehr, sich für eines der Informationstreffen mittwochs vormittags im Gemeindehaus Bruneck anzumelden, bzw. sich zu erkundigen, ob und wo solche Veranstaltungen auch in unmittelbarer Nähe des eigenen Wohnortes angeboten werden. Für eine Patientenverfügung reichen nämlich keine allgemeinen Angaben. „Ich möchte keine Apparatemedizin“ oder „Ich möchte keine übertriebenen lebensverlängernden Maßnahmen“ oder „Ich möchte in Würde sterben“ oder auch „Ich möchte, dass bis zum letzten Moment alles getan wird, um mich am Leben zu halten“ reichen nicht aus.

„In der Patientenverfügung muss expliziert angeführt werden, welchen medizinischen Maßnahmen Sie zustimmen und welchen nicht. Es muss immer auf einen konkreten Krankheitszustand Bezug genommen werden“, erklärt Dr. Aichner. Für einen Nicht-Mediziner ist das schwer zu leisten, er braucht professionelle Unterstützung und Beratung.

Eigentlich fällt die Aufklärung über die Patientenverfügung in die Kompetenz der Hausärzte. Aber nicht alle finden die Zeit, um sich mit ihren Patienten angemessen zu diesem Thema auseinanderzusetzen. Dr. Aichner: „Viele Patienten beklagen, dass ihnen der Hausarzt einfach die Broschüre in die Hand gedrückt hat, aber sie verstehen nichts.“ Aufklärung tut also not.

Dr. Aichner erklärt anhand von Slides und Beispielen, worum es in der Patientenverfügung geht, er beantwortet die Fragen aus dem Publikum und vor allem steht er anschließend auch zu Einzelgesprächen bereit und hilft auf Wunsch beim Ausfüllen des Formulars. Die Südtiroler Krebshilfe unterstützt diese Initiative des Brunecker Seniorengemeinderats und empfiehlt ihren Mitgliedern die Teilnahme an dieser Informationsver-anstaltung.

Eine Patientenverfügung ist für fünf Jahre gültig, kann aber jederzeit rückgängig gemacht, bzw. angepasst und überarbeitet werden. Es empfiehlt sich, eine Person des Vertrauens als Betreuer und Ansprechpartner für die behandelnden Ärzte zu ernennen. Gesetzlich sind die Ärzte in Italien allerdings nicht verpflichtet, sich verbindlich an die Bestimmungen der Patientenverfügung zu halten. Noch nicht. „Im Augenblick wird der entsprechende Gesetzesentwurf wieder im Parlament diskutiert“, sagt Dr. Herbert Heidegger, Primar der Gynäkologie am Krankenhaus Meran und Vorsitzender des Landesethikkomitees, das sich ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat.

In den meisten europäischen Ländern sowie in den USA, in Kanada und in Großbritannien ist der gesetzliche Status der Patientenverfügung längst anerkannt, ein solches Formular gehört zum sogenannten advance care planning. In Italien hängt ein entsprechender Gesetze-entwurf seit Jahren fest. Traurig ist, dass bei der ersten Diskussion der Neuvorlage des Gesetzentwurfes in der Abgeordnetenkammer, am Nachmittag des 13. März, von 630 nur zwanzig (!) Abgeordnete im Plenarsaal anwesend waren. Die katholische inspirirerten Oppositionsparteien haben schon angekündigt, dass sie den Entwurf mit einer Unzahl von Änderungsvorschlägen blockieren möchten. Sie stellen die Patientenverfügung mit Euthanasie, also Sterbehilfe, gleich.

„Darum geht es aber nicht. Die Menschen möchten mitentscheiden, und sie haben das Recht, mitzuentscheiden“, betont Heidegger. „Deshalb heißt es Vorsorge treffen für den Fall, dass man eben nicht mehr mitreden kann.“ Und: „Wir Ärzte müssen die Autonomie des Patienten respektieren, das steht auch explizit in unserem codex deontologicus, Art. 38: …Der Arzt muss den einsichts- und willensunfähigen Patienten nach bestem Wissen und Gewissen und unter Achtung der Würde des Menschen und unter Berücksichtigung von dessen Lebensqualität behandeln und unter Berücksichtigung des zu einem früheren Zeitpunkt geäußerten Willens des Patienten jede über das notwendige Maß hinausgehende Therapie vermeiden.“

Wer jung ist und gesund, dem liegt der Gedanke an das Lebensende natürlich fern. Die Patientenverfügung ausfüllen sollte aber genauso selbstverständlich werden wie regelmäßig zur Mammographie oder zum Zahnarzt zu gehen. „Viele Krebspatienten haben Angst, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Auch für sie ist die Patientenverfügung eine Beruhigung“, meint der Vorsitzende des Landesethikkomitees.

„Die Patientenverfügung muss aussagekräftig, klar und präzise sein und dabei brauchen die Menschen Hilfe!“ Es muss über Dinge wie Versorgung mit Flüssigkeit, künstliche Beatmung und anderes entschieden werden. Das Ethikkomitee setzt sich dafür ein, dass entsprechend geschultes Personal bereitgestellt wird, das den Bürgern beim Ausfüllen dieser Verfügung helfen kann. Im Idealfall sind das Hausarzt, das Personal des Sprengels bzw. im Krankenhaus...

Ein wichtiger Aspekt ist die Aufbewahrung dieses Dokuments, in dem auch die Bereitschaft für Transplantation bzw. für die Verfügung stellen des Körpers für wissenschaftliche Zwecke erklärt werden kann, ebenso wie der Wunsch nach Feuerbestattung bzw. nach dem Sterben nachhause. „Im Ernstfall muss es bei der Hand sein und zwar sofort“, sagt Heidegger, „sonst nützt es nicht viel!“ Deshalb sollte die Patientenverfügung am besten beim Hausarzt aufbewahrt werden.

Aktuell

Symphoniemusik für Liebhaber

Benefizkonzert des Oberstufen-Orchesters der Rudolf-Steiner-Schule Basel
Am 22. April erwartet die Liebhaber klassischer Symphoniemusik im Kulturzentrum Grand Hotel Toblach ein Musikerlebnis der besonderen Art: ein Benefizkonzert des Oberstufen-Orchesters der Rudolf Steiner Schule Basel mit Werken von F. Schubert, K. Jenkins, E. Bloch, J. Haydn u. J. Sibelius.
D ie Mitglieder des Orchesters, ca. 75 Musikerinnen und Musiker, sind ausschließlich Schülerinnen und Schüler der 9. – 12. Klassen der Rudolf-Steiner-Schule Basel, welche der musikalischen Erziehung einen sehr hohen Stellenwert beimisst. Es gehört zum Konzept des Orchesters dieser Walldorf-Schule, dass es einmal pro Jahr eine Reise unternimmt, um sich in etwa acht bis zehn Tagen ein bereits in Basel angelegtes anspruchsvolles musikalisches Programm, in einer intensiven Probenzeit zu erarbeiten. In diesem Jahr hat die Walldorf-Schule Südtirol als Ziel dieser Reise ausgewählt.
Schüler und Lehrer werden in der Pension Sonnenhof in Natz – Schabs intensiv proben und gleichzeitig die schöne Landschaft genießen. Reisen führten das Orchester durch weite Teile Europas, u.a. Polen, Griechenland, Frankreich, Belgien, Schweden, Tschechien und Deutschland. Unvergessen sind dabei ein bis auf den letzten Platz besetztes Konzert in der Kathedrale von Carcassonne in Südfrankreich oder ein Konzert im Dom von Örebro in Südschweden.

Viele Mitglieder des Jugend-Orchesters besuchen bereits Aufbauklassen der renommierten Musik-Hochschule Basel. Der Eintritt ist frei, die freiwilligen Spenden der Konzertbesucher unterstützen die Arbeit der Südtiroler Krebshilfe, Sektion Oberpustertal.