Aktuell

Leben in Würde – bis zuletzt

Patientenverfügung ist Teil der Vorsorge – Projekt und Vortrag im Vinschgau

So schnell kann es gehenSo schnell kann es gehen

Jeder Mensch hat das Recht, Verfügungen über sein Lebensende zu erlassen, zu entscheiden, was im Krankheitsfall bzw. im Fall eines Unfalls an Therapien durchzuführen ist und was nicht. Aber diese Entscheidung muss vorher fallen, wenn man noch entscheidungsfähig ist.
Und bei dieser Entscheidung ist der Hausarzt eine wichtige Hilfe. Nicht nur, weil er dem Betreffenden beratend zur Seite steht und ihm dabei helfen kann, die unterschiedlichen Situationen zu bewerten, sondern auch, weil er im Idealfall seinen Patienten gut kennt und ihn deshalb umso besser beraten kann. Aber nicht nur. Die Hausärzte sind auch aufgerufen von sich aus die Initiative zu ergreifen und ihre Patienten zu einem Zeitpunkt auf die Patientenverfügung anzusprechen, wenn noch alles in Ordnung ist und der Betreffende sich in Ruhe und gut beraten darüber klar werden kann, welches im Ernstfall sein Wille ist.
Aber einen Schritt zurück. Der „Codex deontologicus“ der Mediziner spricht sich in Artikel 35 ganz klar für das Selbstbestimmungsrecht des Patienten aus: „…Der Arzt muss den einsichts- und willensunfähigen Patienten nach bestem Wissen und Gewissen und unter Achtung der Würde des Menschen und unter Berücksichtigung von dessen Lebensqualität behandeln und unter Berücksichtigung des zu einem früheren Zeitpunkt geäußerten Willens des Patienten jede über das notwendige Maß hinausgehende Therapie vermeiden.“ Damit dies respektiert werden kann, muss der Wille des Patienten aber bekannt und nachvollziehbar sein.
Dr. Herbert Heidegger, Primar der Gynäkologie am Krankenhaus Meran und Mitglied des Landes-Ethikkomitees, das sich seit Jahren eingehend mit dieser Frage befasst: „In der modernen Medizin gibt es große Fortschritte, viele Krankheiten können erfolgreich geheilt werden, aber es gibt Situationen, wo sich die Frage stellt, hat es Sinn, weiter zu therapieren?“
In Artikel 38 des oben zitierten Codex deontologicus heißt es weiter (Selbstbestimmungsrecht des Bürgers und Verfügungen): „...Ist der Patient nicht in der Lage, seinen Willen zu äußern, muss sich der Arzt bei seinen Entscheidungen an frühere, sicher nachweisbare Äußerungen des Patienten halten.“ Sprich an eine Patientenverfügung, in der Folge mit PV abgekürzt.
Dr. Heidegger: „Es ist ein wichtiges medizinisches Prinzip die Autonomie des Patienten zu respektieren, deshalb muss ja auch immer vor jedwedem Eingriff eine Einwilligung eingeholt werden.“ Diese Autonomie so Heidegger, ist eine Herausforderung. Nicht immer werden die Wünsche des Patienten berücksichtigt, nicht immer liegen sie vor, die Situation ist nicht geklärt und das führt nicht nur zur Verunsicherung und vor allem Überforderung der Angehörigen, sondern auch zu unguten Spannungen zwischen den medizinischen Akteuren. „Die PV gehört zur Vorsorgeplanung wie die Krebsvorsorgeuntersuchungen.“ Aber damit dies auch so ist, müssen in erster Linie die Bürger sich dieses Rechts bewusst sein und es in Form einer Patientenverfügung wahrnehmen.
Im Vinschgau ist ein Pilotprojekt am Laufen, wonach die Hautärzte von sich aus aktiv werden und ihre Patienten auf ihre Patientenverfügung ansprechen. Sie bieten ihnen Hilfestellung und Zeit an, um diese Angelegenheit in aller Ruhe miteinander zu besprechen. Laut Heidegger seien die Allgemeinärzte auch die ideale Anlaufstelle, wo eine solche PV zu deponieren sei, damit sie im Ernstfall auch zur Hand ist. Jeder Betroffene kann zusätzlich seine Kopie der PV an einem allgemein zugänglichen Ort aufbewahren, bzw. einen oder auch beide der Zeugen, die diese Willensbekundung unterzeichnen, bitten, diese aufzubewahren.
Damit eine PV rechtlichen Wert hat, sollte sie auf entsprechenden Vordrucken vorgenommen werden. Sie muss von zwei Zeugen unterschrieben werden, die auch als Garant gelten, dass der Wille des Patienten durchgesetzt wird.
Unter www.provinz.bz.it/gesundheitswesen/komitees/patientenverfuegung.asp kann sich jeder sowohl eine informative Broschüre als auch das betreffende Formular herunterladen. Konkret enthält die PV die Zustimmung oder Verweigerung von Therapiemaßnahmen im Fall von schwerer oder todbringender Krankheit, Wachkoma oder im Fall von zukünftiger Entscheidungsunfähigkeit.
Im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt hat sich auch der Bezirk Vinschgau der Südtiroler Krebshilfe dieses Themas angenommen. Im vergangenen März fand ein Vortragsabend mit Sozialassistentin Anita Tscholl von der Hospizbewegung der Caritas Diözese Bozen Brixen statt, in der diese sehr anschaulich über Hintergründe und formale Aspekte der Patientenverfügung informierte.
In den USA ist die PV wichtiger Baustein des Konzepts Advance Care Planning, das auch Palliative care und Hospiz miteinschließt. Auch in Deutschland ist diese aktive gesundheitliche Vorsorgeplanung in vielen Ländern sehr aktuell und hat z. B. in Nordrhein Westfalen zum Konzept „beizeiten begleiten“ geführt. In mehreren Altersheimen wurden die Bewohner auf ihre Wünsche angesprochen und haben daraufhin aktiv und bewusst eine PV erstellt.
Wer eine PV verfassen möchte, muss sich darüber im Klaren sein, was er z. B. im Fall eines Komas wünscht. Künstliche Ernährung, Flüssigkeitsversorgung, Abhängigkeit von medizinischen Apparaten. Die PV ist nicht nur ein Thema für das Alter oder für Situationen, wo das Lebensende aufgrund von Krankheit zumindest möglich ist. Auch junge Menschen, die mitten im Leben stehen können einen Unfall haben, bei ärztlichen Routineeingriffen kann es zu Komplikationen kommen, ein Aneurysma kann die eigene Willensbekundung unmöglich machen… In diesem Sinne ist die Patientenverfügung nur eine weitere Form der Eigenverantwortung, die jeder von uns für seine Gesundheit hat. Ob es nun um einen gesunden Lebensstil geht, der Krebs und anderen Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes vorbeugt, um das regelmäßige Wahrnehmen der Vorsorgeuntersuchungen oder eben die Patientenverfügung.
Dr. Herbert HeideggerDr. Herbert Heidegger

Aktuell

Der Tumor in der „Schaltzentrale“

8. Juni World Brain Tumor Day - Sind Vieltelefonierer gefährdet?

Der 8. Juni wurde im Jahr 2000 von der Deutschen Hirntumorhilfe zum weltweiten Hirntumor-Tag (World Brain Tumor Day) ausgerufen. Anlässlich dieses Tages wandte sich die Südtiroler Krebshilfe mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit, um über diese seltene Tumorerkrankung zu informieren.
Hirntumore sind im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen relativ selten: In den westlichen Industrieländern tritt eine Neuerkrankung bei einem von 10.000 Einwohnern auf. Laut Gesundheitsbericht 2014 der Autonomen Provinz Bozen gab es 2014 in Südtirol 19 Fälle von Menschen, die an einem Tumor im Großhirn oder im Zentralnervensystem erkrankten. Bedeutend höher ist die Zahl der Patienten mit Hirnmetastasen, die sich infolge von anderen Krebsleiden entwickeln: Vor allem Krebserkrankungen wie Brust-, Haut-, Lungen- oder Nierenkrebs streuen häufig und siedeln im Gehirn Metastasen ab, die nicht mit einem Hirntumor zu verwechseln sind.
Begünstigt das Telefonieren mit dem Handy die Entwicklung von Hirntumoren?
Diese Frage kann derzeit noch nicht beantwortet werden. Risikofaktoren und Ursachen für die Entstehung von Hirntumoren sind überwiegend unbekannt. Nach derzeitigem Wissensstand führen weder Umweltfaktoren, Ernährungsgewohnheiten, seelische Belastungen, Stress noch elektromagnetische Felder im Frequenzbereich des Mobilfunks zu einem höheren Hirntumor-Risiko. Auch besteht kein Zusammenhang zwischen Hirnverletzungen und dem Auftreten von Hirntumoren. Einzig die direkte, radioaktive Bestrahlung des Kopfes im Kindesalter steigert das Risiko, als Erwachsener an einem Hirntumor zu erkranken.
Die Forschung zu den möglichen Risiken läuft jedoch weiterhin auf Hochtouren. Tatsächlich gehen Wissenschaftler intensiv der Frage nach, ob das Telefonieren mit dem Handy die Entwicklung von Hirntumoren fördern könnte. Die vorliegenden Daten, die auffällige Häufungen von bestimmten Hirntumoren bei Vieltelefonierern (mehr als 15 Stunden im Monat) andeuten, werden von den Experten bislang kontrovers diskutiert. Eine Vorsorge ist in jedem Fall möglich: So rät die Behörde für Strahlenschutz unter anderem, Kopfhörer oder die Freisprechanlage zu nutzen oder nur bei gutem Empfang mit dem Handy im Internet zu surfen.

Eine spezifische Früherkennungsuntersuchung von Hirntumoren gibt es derzeit nicht. Besteht der Verdacht, so führen die Ärzte eine Reihe von Untersuchungen wie die Computertomografie (CT) oder die Magnetresonanztomografie (MRT) durch. Für die Behandlung stehen drei Therapiemöglichkeiten zur Verfügung: die Operation, die Strahlentherapie oder die Chemotherapie.
Besonders belastend bei Hirntumoren sind die psychischen Veränderungen, die je nach Sitz des Tumors beim Erkrankten eintreten können. Sie reichen von Antriebslosigkeit oder vermehrter Aggression bis hin zu Sinnestäuschungen – viele Betroffene und deren Familienangehörige sprechen dabei von einer Persönlichkeitsveränderung, die sich belastend auf das gesamte Umfeld auswirken kann. Die Symptome für eine Erkrankung sind jedoch sehr vielfältig und ebenso abhängig von der Lokalisation des Tumors: Kopfschmerzen, Taubheitsgefühle, Sprach- oder Sehstörungen, Krampfanfälle oder Schwindel können auf einen Tumor hinweisen, sind aber auch Folgen von anderen Erkrankungen.