Hospiz und Palliative Care

Demut und Nähe

Dr. Karl Lintner, Hausarzt in Klausen und Betreuer des Palliativprojekts im Eisacktal
„Für die Betreuung von Palliativ-Patienten bedarf es einer kulturellen Entwicklung von Seiten der Ärzte: Demut und den Mut, nur die Hand zu halten, offen zu sein und Nähe zu schenken.“ Der Klausener Hausarzt Karl Lintner ist Koordinator der Grundversorgung Eisacktal; seit 2003 betreut er auchdas lokale Palliativprojekt. Die technische Entwicklung verleitet dazu, immer noch mehr tun zu wollen, auch wenn die Medizin an ihre Grenze gestoßen ist. „Die Patienten verstehen das meist von selbst und tun sich leichter damit umzugehen, als ihre Angehörigen. Sie wollen nicht unnötig unter medizinischer Maschinerie leiden.“ Hier muss auch der Arzt umdenken lernen. „Die meisten Menschen sterben unkompliziert und nicht dramatisch, sie brauchen den Arzt nicht mehr als technischen Experten, sondern als begleitenden Menschen.“ „In den Krankenhäusern Brixen und Bruneck braucht es keine eigene Palliativstation“, erklärt Dr. Lintner, „notwendig wäre aber eine bestimmte Anzahl von Betten, um Palliativpatienten über einen kurzen Zeitraum im Krankenhaus zu versorgen, als Ergänzung zur Hauspflege, die vom Hausarzt, dem Personal des Sanitätssprengels und den Angehörigen geleistet wird.“ Betten für die aber auch ein entsprechendes Team zur Verfügung stehen sollte, d. h. Palliativist, Psychologe, Pfleger und Physiotherapeuten. Hausärzte sind Freiberufler, um sie entsprechend in das Palliativprojekt einbinden zu können, so Dr. Karl Lintner, muss Überzeugungsarbeit geleistet werden. „Noch immer ist die Ausbildung nicht ausreichend auf diese relativ neuen Anforderungen der Allgemein-Medizin eingestellt. Die jungen Ärzte sind auf diese Situation meist nicht genug vorbereitet und daher unsicher.“

Hospiz und Palliative Care

Zukunftsweisend und bürgernah

Sanitätsdirektor Dr. Oswald Mayr zu den Eckpunkten der neuen Tumorchirurgie
Die Zukunft ist eine leitlinienorientierte Therapie in jedem Bereich der Medizin. Begonnen wird mit dem sensibelsten Bereich: der Tumorchirurgie. Im Zentralkrankenhaus Bozen und in allen Schwerpunktkrankenhäusern Südtirols soll der gleiche auf evidence und best pratice beruhende Standard geboten werden.
Das Konzept ist entwickelt, von den meistenÄrzten gutgeheißen und wartet nun auf die Verabschiedung in der Landesregierung.
In Südtirol erkranken jedes Jahr mehr als 3000 Menschen an Krebs; 1.400 Menschen sterben jedes Jahr daran: Die Diagnose ist sowohl für den Patienten als auch für seine Angehörigen ein einschneidendes Erlebnis, das an die existentielle Substanz geht. „Jeder Patient hat das Recht auf ein Optimum an Diagnostik, Behandlung und Palliativ-Versorgung“, betont Sanitätsdirektor Oswald Mayr. Im Oktober hat er gemeinsam mit einer Gruppe von Experten den Südtiroler Primaren die Eckpunkte der neuen Tumorchirurgievorgestellt. Ziel der Reform ist, überall den gleichen Behandlungs-Standard gewährleisten zu können.
Die Leitlinien wurden in Zusammenarbeit mit Fachgesellschaften aller medizinischen Disziplinen und mit Zertifizierungsgesellschaften erarbeitet.“Für die Richtlinien der neuen Tumorchirurgiehaben wir uns an den Leistungsdaten der letzten drei Jahre orientiert“, erklärt Mayr.
Tumorchirurgie ist dann am erfolgreichsten, wenn sie im Netzwerk stattfindet und nicht nur von Einzelpersonen garantiert wird. Jeder Chirurg muss eine bestimmte Anzahl von Eingriffen und Fortbildungsstunden pro Jahr vorweisen. Dies sind zwei der wichtigsten Kriterien für die Zukunft.
In Zukunft wird jeder Fall dem sogenannten Tumorport vorgelegt, d. h. einem Gremium, das sich zusammensetzt aus Onkologen, Vertretern der Abteilung, die die Diagnose erstellt hat, Vertretern der Strahlentherapie, der Pathologie sowie des Pflegepersonals. Gemeinsam entscheiden sie das Therapiekonzept, um jedem Patienten pre- und postoperativ die beste Behandlung nach den neuesten Erkenntnissen zu garantieren.„Das heißt“, so Dr. Oswald Mayr, „dass jeder Fall, jeder Patient eine ganz individuelle auf ihn zugeschnittenen Therapie erstellt bekommt.“
Die Leistungen der Chirurgen und der Abteilungen werden zertifiziert. „Dafür brauchen wir Schwellen- bzw. Leistungswerte“, unterstreicht Oswald Mayr. „Ohne eine bestimmte Anzahl, die Garant ist für eine notwendige Routine kann keine Zertifizierung erfolgen.“ Für jedes Krankheitsbild werden eigenen Kriterien erstellt. Zum Beispiel ein Minimum an zwanzig Eingriffen im Jahr, davon zehn als Hauptoperateur für Dickdarmkrebs-Operationen.
Leidtragende sind bei dieser Regelung die Chirurgen, die an kleinen Peripherie-Krankenhäusern arbeiten, weil sie nicht auf diese Zahlen kommen. Die Patienten müssen weitere Strecken zurücklegen, um ins nächste Schwerpunktkrankenhaus oder nach Bozen zu kommen. „Aber wir sind auch sehr verwöhnt in Südtirol“, gibt Oswald Mayr zu bedenken."Anderswo ist es normal, weitere Strecken zum nächsten Zentrum zurücklegen zu müssen."
„Diese Leistungskriterien haben wir nicht etwa selbst erfunden, sie basieren auf internationalen Standards. Die Mehrheit der Kollegen hat diese Neuordnung positiv aufgenommen und akzeptiert“, so der Sanitätsdirektor. Die Zertifizierung erfolgt zudem nicht durch die Sanitätseinheit selbst, sondern wird von externen, neutralen Partnern durchgeführt.
Bei der Konzeption der neuen Tumorchirurgie sind sowohl die Südtiroler Krebshilfe als auch die Lega Tumori, LILT, eng eingebunden worden. Dr. Mayr: „Es war uns wichtig, bei dieser wichtigen und zukunftsweisenden Entscheidung so bürgernah wie möglich vorzugehen.“
Diese Neuordnung dient vor allem den Patienten, der Schaffung eines einheitlich, hohen Standards. Es gibt aber noch ein weiteres Motiv erklärt der Sanitätsdirektor. „Heute kann sich jeder Patient das Zentrum, wo er behandelt werden will aussuchen. In ganz Europa. Und zwar ohne sehr viel draufzahlen zu müssen. Wenn wir nicht zertifiziert sind, können wir nicht als onkologisches Zentrum auftreten und uns nicht positionieren!“
In der nächsten Chance folgt ein ausführlicher Bericht zu diesem Thema mit Interviews und Stellungnahmen von allen betroffenenKategorien, Befürwortern, Kritikern, Patienten usw.