Hospiz und Palliative Care

„Ich habe keine Angst, ich habe die Ruhe“

Ulrike und Gertraud– Zwei Freiwillige der Hospizbewegung
Gertraud Hopfgartner
Gertraud Hopfgartner
Sie sind beide Lehrerinnen, beide in Pension, leben im Pustertal, sind Mitglieder der Krebshilfe und haben noch etwas gemeinsam: Vor zehn Jahren haben sie den Vorbereitungskurs der Hospizbewegung zusammen besucht und sind seither als Freiwillige tätig. Ulrike Bauer Leiter und Gertraud Hopfgartner.
Ulrike Bauer
Ulrike Bauer
Ulrike Bauer Leiter hat schon während ihres Studiums immer wieder im Krankenhaus gearbeitet und hat ihre Großmutter in der letzten Phase ihres Lebens intensiv begleitet. Nachdem sie in Pension gegangen ist, hatte sie das starke Bedürfnis, ihre Zeit sinnvoll einzusetzen. „Ich habe viel Zeit und ich glaube, ich kann dadurch dem Patienten viel geben.“ Die Freiwilligen der Caritas sind nicht wie das Krankenhauspersonal in die Pflege eingebunden und können es sich leisten, einfach nur neben jemanden zu sitzen, seine Hand zu halten, auch ohne reden. Einfach nur da sein.
Ulrike Bauer ist jede Woche etwa drei Stunden im Einsatz, besucht Menschen im Altersheim und zuhause. Menschen mit Demenz, aber auch Menschen, die an einer unheilbaren Krankheit leiden. In den zehn Jahren ihrer Tätigkeit hat sie nur positive Erfahrungen gemacht. „Meist stellt sich der Kontakt sofort her; schwierig ist es nur, wenn die betroffenePerson, ihr Schicksal noch nicht akzeptiert hat.“
Dank der modernen palliativen Versorgung ist das allerdings immer seltener. „Die meisten Menschen, die ich begleite, haben ihr Schicksal angenommen und leben bewusst die Zeit, die ihnen noch zur Verfügung steht.“ Anders ist es bei den Angehörigen. „Die hadern oft und sind nicht vorbereitet auf den Abschied.“ Die Angehörigen sind dankbar, wenn auch sie jemanden haben, der ihnen zuhört oder der ihnen die Möglichkeit gibt, für kurze Zeit auf Distanz zu gehen, um neue Kraft zu schöpfen.
Wenn sie zurückschaut, so hat es einige Momente gegeben, die schwer waren, aber sie wollte ihre Tätigkeit nicht missen. „Es ist ein gegenseitiges Geben und ebenso bereichernd für mich, wenn ich jemanden in dieser Phase seines Lebens begleiten darf.“ Durch ihre Tätigkeit in der Hospizbewegung ist Ulrike Bauer auch zur Krebshilfe gekommen.
Ebenso wie Gertraud Hopfgartner nimmt auch sie an regelmäßigen Supervisionen und Fortbildungsveranstaltungen teil. Bei Bedarf, bei besonders komplexen Fällen und vor allem, wenn es gilt, junge Menschen zu begleiten, können die Freiwilligen auch um Einzelsupervisionen ansuchen.
AuchGertraud Hopfgartner hatte schon vor dem Vorbereitungskurs der Hospizbewegung immer Interesse daran gehabt, Menschen zu begleiten. „Das bevorstehende Lebensende hat mich nie geschreckt.“ Gertrud Hopfgartner ist vornehmlich im Altersheim St. Johann im Ahrntal tätig. Pro Woche verbringt sie dortrund zwei Stunden. „Ich habe nur positive Erfahrungen gemacht, mit den Menschen, die ich begleiten durfte. Sie sind offen, erzählen und sind froh, jemanden neben sich zu wissen.“
Sie selbst geht jedes Mal reich beschenkt nachhause. „Ein Lächeln, ein glücklicher Blick, ein Händedruck –es ist einfach wunderschön diese Menschen begleiten zu dürfen. Wir alle haben heute viel zu viel und es sind diese scheinbar kleinen Dinge, die wirklich zählen.“
Seit sie in der Hospizbewegung tätig ist, hat sich ihre Einstellung zum Tod und zum Sterben geändert. „Ich habe keine Angst davor. Das ist Teil des Lebens wie die Geburt.“ Sie hat sich auch persönlich mit dem Thema Tod und Sterben auseinandergesetzt, vor 18 Jahren, als sie an Brustkrebs erkrankt ist. Seither ist sie auch Mitglied der Krebshilfe. „Wegbegleiterinnen von mir sind schon gestorben, aber ich habe keine Angst, ich habe die Ruhe.“

Hospiz und Palliative Care

Ich bin da. Für Dich da

Familienseelsorger Toni Fiung
„Menschen begleiten, Schwerkranke begleiten, Sterbende begleiten ist etwas vom Wertvollsten, was man tun kann.“ Toni Fiung ist Familienseelsorger der Pfarrgemeinde Bozen. In dieser Eigenschaft begleitet er Menschen auf allen Stationen ihres Lebens.
Das Wichtigste für ihn, wenn er einen schwerkranken Menschen besucht, ist Nähe zu vermitteln. Das Gefühl, Du bist nicht allein. Ich bin da. Für Dich da. „Um das zu können braucht es Distanz, ohne Distanz kann man nicht begleiten, weil man selbst dann in seiner Betroffenheit im Vordergrund steht.“
Außerdem braucht es Einfühlungsvermögen, Kraft und Mut. Eigenschaften, die in der Begegnung mit einem unheilbar kranken Menschen am ehesten Außenstehende aufbringen können, weil die Angehörigen zu sehr betroffen sind. “ Den religiösen Gedanken bringt Fiung nur dann ins Spiel, wenn er das Gefühlhat, es wird gewünscht. „Man muss den Willen des Menschen respektieren, den man vor sich hat, darf ihn nicht bedrängen.“
Sicher, Toni Fiung ist Seelsorger, für ihn ist der Glaube eine Ressource, die Kraft gibt. Auch uralte rituelle Handlungen, wie die Krankensalbung dienen der seelischen Stärkung. „Aber der Respekt vor dem Willen meines Gegenübers ist größer. Respekt auch vor der Situation, vor dem Schmerz, von der Selbstbestimmtheit eines jeden.“
Toni Fiung hat in seiner Ausbildung als Theologe und Pfarrer gelernt, sich zu schützen, um mit Leid umgehen zu können, ohne selbst daran zu verzweifeln. Als Supervisor kann er dieses Wissen auch an andere weitergeben. „Aber trotzdem verzweifelt man manchmal. Auch das ist Teil des menschlichen Lebens, ebenso wie Geburt und Glück, Leiden und Tod.“