Aktuell

Strahlentherapie im ständigen Wandel

Internationale Experten beim ersten Südtiroler Strahlenforum vom 18. – 19. Mai in Bozen
Hubert Indra und der Primar der HNO-Abteilung, Dr. Luca Calabresi
Im Rahmen der interdisziplinären Tumorbehandlung kommt der Radiotherapie im kurativen und palliativen Therapiekonzept eine besondere und immer wichtigere Rolle zu. Vom 18. – 19. Mai fand auf Schloss Maretsch und in der Bonvicini-Klinik in Bozen das Erste Südtiroler Forum der onkologischen Strahlentherapie statt.
Die Tagung war eine Momentaufnahme der modernen Strahlentherapie und ihrer Entwicklung in den letzten 30 Jahren sowie ein Ausblick auf das, was schon die nächste Zukunft erwarten lässt. Electric Guide Tracking System, Robotic Positioning, Oberflächenscan –für jemanden, der nicht vom Fach ist, war es kein Leichtes, den Ausführungen der Experten zu folgen.
Die Strahlenbehandlung wird immer präziser. Die Verwendung moderner, bildgebender Verfahren wie Ultraschall, Computertomographie oder Magnetresonanz, von Bleiabschirmungen oder anderen Prozeduren während des Bestrahlungsvorganges sowie die moderne intensitätsmodulierte Rotationsbestrahlung ermöglichen es, die zu bestrahlende Fläche immer genauer zu definieren, von den umliegenden Organen und dem umliegenden Gewebe abzugrenzen und immer zielgenauer, mit immer stärkerer Dosis zu bestrahlen.
Immer größere Bedeutung hat die radiochirurgische, bzw. stereotaktische Bestrahlung. Heute können kleine Tumore bzw. Metastasen in 1-5 Sitzungen, mit sehr hohen Strahlendosen äußerst genau bestrahlt werden. Durch die hohe Dosis und den raschen Dosisabfall im umliegenden gesunden Gewebe können diese Tumore immer öfters ohne Operation vernichtet werden, vor allem auch dort, wo ein chirurgischer Eingriff nicht möglich wäre (z. B. im Gehirn).
Hauptredner des Südtiroler Strahlenforums war Prof. David Jaffray aus Toronto, einer der bekanntesten Strahlenexperten weltweit. Er hat bereits 1990 die Grundlagen für eine 3 D Bestrahlung unter Verwendung der Computer Tomographie entwickelt. Er betonte in seinem Vortrag, dass die Strahlentherapie einerseits immer technologischer und automatisierter werde, was einen hohen Sicherheitsstandard gewährleiste, gleichzeitig aber auch immer individueller und spezifischer auf den einzelnen Patienten und seine jeweilige Pathologie zugeschnitten sei. Strahlentherapie sei ein Gebiet in ständigem Wandel. „Und jedes Mal, wenn wir etwas Neues erfinden“, so Jaffray, „tun wir uns leichter, gleich noch etwas Besseres zu erfinden.“
Der Generaldirektor des Sanitätsbetriebs Thomas Schael betonte, dass es in Südtirol zwar keine Universitätsklinik gäbe, dennoch bestehe das Bestreben den Umgang mit den neuesten Technologien zur täglichen Routine werden zu lassen. Südtirol werde in den nächsten Jahren mehr als 15 Mio. Euro in neue Technologien investieren, auch als kleines Land bestehe der Ehrgeiz ganz vorne mitzuspielen. In Südtirol werden jährlich ca. 1000 Personen bestrahlt.
Prof. Peter Lukas und Dr. Martin Maffei, der ehemalige Leiter der Universitätsklinik für Strahlentherapie in Innsbruck, der die Strahlentherapie in Südtirol aufgebaut hat und der leitende Arzt der Strahlentherapie des Südtiroler Sanitätsbetriebes in der Bonvicini-Klinik, betonten, dass die Strahlentherapie in Bozen heute qualitativ den radioonkologischen Abteilungen in Österreich in nichts nachstehe und auch durchaus mit dem Standard von Universitätskliniken in Deutschland und Italien mithalten könne. Deshalb auch die Idee, die internationale Fachwelt der Strahlentherapie von nun an regelmäßig nach Bozen zu einem Fachsymposium einzuladen.
Der zweite Tag des Forums fand in der Abteilung für Strahlentherapie des Südtiroler Sanitätsdienstes in der Bonviciniklinik statt und endete mit einer Podiumsdiskussion zwischen Fachleuten und Patientenvertretern sowie der Landesrätin für Gesundheitswesen: Martha Stocker, Sanitätsdirektor Thomas Lanthaler, Prof. Peter Lukas, Dr. Martin Maffei, der Strahlenphysiker Markus Haller, Prof. Michael Mian als Vertreter der LILT und die Landesvorsitzende der Südtiroler Krebshilfe, Ida Schacher. Strahlen machen Angst. Die Patienten fühlten und fühlen sich nicht selten Maschinen ausgeliefert. Heute bemüht sich diese Abteilung um eine Öffnung und ein positives Image. In Zukunft sollen in regelmäßigen Abständen Führungen angeboten werden, um nicht nur Patienten, sondern auch nicht oder nur potentiell betroffenen Personen Strahlentherapie zu erklären und Vertrauen zu schaffen.
Links: Geballte Informationen für das Publikum. Rechts: Dr. David Jaffray aus Toronto
Bild links: Bildmitte: Generaldirektor Thomas Schael und Dr. Martin Maffei. Bild rechts: Die Podiumsdiskussion mit Experten, Politikern und Patientenvertretern

Aktuell

Die eigene Brust besser kennen

Kurse zur Brustselbstuntersuchung nach der Methode MammaCare – Elf Breast-Care-Nurses in Südtirol
Sie sind Expertinnen für Brustgesundheit. Das Bindeglied zwischen Patientinnen Ärzten und Pflegepersonal, Vertrauensperson und kompetenter Ansprechpartner für Patientinnen und Angehörige.
Die Breast-Care-Nurses, kurz BCN. Elf davon gibt es zurzeit in Südtirol. Letztes Jahr haben sie gemeinsam ein landesweites Projekt realisiert, welches ihnen schon lange am Herzen lag: Sich selbst fühlen/conoscere se stessa: Kurse zur Brustselbstuntersuchung nach der MammaCare-Methode.
Sechzig Prozent der an Brustkrebs erkrankten Frauen haben ihren Knoten in der Brust selbst ertastet, und das obwohl nur 27% regelmäßig die Brustselbstuntersuchung (BSU) durchführen. Die BSU ersetzt die Früherkennunguntersuchung (Mammografie, Ultraschall, ...) nicht, ist jedoch eine sinnvolle Ergänzung und hilft den eigenen Körper bzw. die eigene Brust besser zu kennen um Veränderungen „frühstmöglich“ zu bemerken.Die Fingerendglieder sind sehr sensibel, wenn Frau weiß, wie es gemacht wird, ist die BSU eigentlich ein Kinderspiel, oder fast. Warum aber scheuen sich die Frauen dann davor, haben wir Martina Tetter gefragt, Breast-Care-Nurse am Krankenhaus Bozen und federführend am Projekt beteiligt. „Oft ist es Vergesslichkeit oder Stress“, sagt sie, „meist jedoch ist es die Angst und Unsicherheit.“ Viele Frauen fühlen in der Tat immer irgendeinen Knoten, wenn sie ihre Brust abtasten und lassen es dann lieber sein. Andere wollen gar nicht erst tasten, weil sie nicht wissen, was sie tun sollen, wenn da tatsächlich etwas zu fühlen sein sollte. Die Brustselbstuntersuchung kann jedoch auch als Kontrollinstrument gegen die Angst verwendet werden. Selten ist eine übermäßige Anwendung zu beobachten. 80% der Veränderungen sind gutartiger Natur und „Knoten“ ist nicht gleich „Knoten“ und wer sein Brustgewebe kennt, erspart sich Angst.
In Brixen und Meran werden schon seit 2012 regelmäßig Kurse in der BSU angeboten. In Bozen seit Beginn dieses Jahres. 10 BCN haben eine Ausbildung zur Brustselbstuntersuchung nach der MammaCare- Methode absolviert. „Auch das gehört zu unseren Aufgaben: die Frauen für die Früherkennungsuntersuchungen zu sensibilisieren bzw. sie bestmöglichst zum eigenen Brustbewusstsein (Breast Avareness) zu schulen, um damit auch eine Selbstverantwortung für die eigene Brustgesundheit übernehmen zu können", so Martina Tetter.
Zu den kostenlosen Kursen, die in den Krankenhäusern abgehalten werden, meist ab 17 Uhr, damit auch berufstätige Frauen daran teilnehmen können, können sich jeweils vier Frauen anmelden. Nach einem theoretischen Teil, welcher sich mit der Anatomie der Brust, deren physiologischen Veränderungen im Laufe des Lebens, benigne und maligne Veränderungen der Brust, wohin Frau sich bei bei Veränderungen/Neuigkeiten wenden kann, den beeinflussbaren Risikofaktoren bezüglich Brustkrebs, den vom Sanitätsbetrieb empfohlenen Früherkennungsuntersuchungen etc. befasst, führen die BCN anhand von naturgetreuen Silikonmodellen das Tasten vor. Die naturgetreu nachempfundenen Modelle haben große und kleine, ungefährliche und verdächtige Knoten. Ebenso wie unterschiedliche Gewebsstrukturen, eine Seite glatt, die andere eher körnig/knotig. So wie echte Brüste eben sind. Im Anschluss werden dann unter Anleitung der Breast-Care-Nurse das Abtasten praktisch an Silikonmodellen geübt. Der praktische Teil an der eigenen Brust erfolgt zu Hause, da es einige Zeit braucht, seine eigene Brust kennenzulernen und es schwierig ist, Kurse nach dem Zyklus der Frau anzubieten (BSU nach der Regelblutung!). Ein Nachtreffen erfolgt jedoch nach 6 Monaten um den Teilnehmerinnen genügend Zeit zu geben das eigene Brustgewebe kennenzulernen.
Im Rahmen einer 5 stündigen Fortbildung für Angestellte des Sanitätsbetriebs haben Martina Tetter und zwei ihrer Kolleginnen, Doris Karnutsch und Katharina Stuefer, das Projekt: Sich selbst fühlen/conoscere se stessa vorgestellt und mit den Teilnehmern, die sie in vier Gruppen zu je vier Personen aufgeteilt haben, einen „Probekurs“ durchgeführt. Interessant war, dass im MammaCare-Kurs von Martina Tetter auch ein Mann mit von der Partie war. Martin, ein Techniker, der histopathologische Schnellschnitte während Operationen analysiert. Die anderen Gruppenteilnehmer waren die Krankenschwester der Chirurgie, Barbara, die Sanitätsassistentin Renate aus Sarnthein, die Krankenschwester der Onkologie, Elisa und Arianna, eine Studentin der Claudiana im dritten Jahr, deren Examensarbeit Martina Tetter betreut.
Sie sitzen alle im Kreis, jeder hält auf dem Schoß das von Martina ausgeteilte, zweifarbige Brustmodell. Zunächst gilt es die Unterschiede der beiden Seiten zu ertasten. Die braune Seite entspricht einer realen Brustdrüse, ist weicher und eher grob in der Textur, die beige Seite ist ganz glatt. „Mit der rechten Hand wird die linke Brust untersucht und umgekehrt“, erklärt Martina. Vor oder nach dem Abtasten ist es wichtig, sich aufmerksam im Spiegel zu betrachten und auf Veränderungen der Haut, der Brustwarze, Sekretionen aus der Brustdrüse oder der Form der Brust zu achten.
Es wird in drei Stärken getastet, erklärt Martina weiter. Zunächst ganz leicht und oberflächlich. Dann ein wenig stärker und im dritten Durchgang heißt es ganz fest hineinzudrücken. Getastet wird in kleinen kreisförmigen Bewegungen etwa von der Größe eines Zehn-Cent-Stücks mit den Kuppen (bis Mittelgelenk) von Zeigefinger, Mittel- und Ringfinger.


Die Breast-Care-Nurse fragt nach der Beschaffenheit der vier Knoten, die im Brustmodell zu tasten sind. Die drei Frauen und ihr männlicher Kollege tasten konzentriert.
Barbara fasst immer wieder zur eigenen Brust, um die Beschaffenheit des Gewebes zu vergleichen. Auch Martin ist ganz konzentriert bei der Sache. Es ist weder ihm noch den Frauen peinlich. Jeder soll einen ertasteten Knoten beschreiben. Martin: „Er ist abgegrenzt, oberflächlich und beweglich wie ein Kaugummibällchen, ca. 4 – 6 mm.“ Renate beschreibt ihren hingegen als spitz und breit, weich und beweglich, ebenfalls gut abgegrenzt. Jener von Elisa ist im unteren Quadranten außen zu spüren, er ist verschiebbar, aber die Form ist nicht evident, sie hat ihn mit der zweiten Taststärke gespürt. Barbara beschreibt ihren Knoten als schwer abzugrenzen, eine diffuse kleine Masse, beweglich und im oberen Quadranten außen. Martina erklärt, dass es hilfreich sein kann, die Beschaffenheit des Knotens, bereits bei der Vormerkung, zu beschreiben bzw. wo sich dieser befindet um auch die Verständung mit dem Arzt während der Visite zu erleichtern.
Die Brust wird in vier Quadranten um die Brustwarze und den Warzenhof eingeteilt. Einen oberen und unteren außen und einen oberen und unteren innen.
Martina Tetter weist immer wieder daraufhin, dass das Ziel der Brustselbstuntersuchung nicht ist, einen Knoten zu suchen, sondern eventuelle „Neuigkeiten“ des Brustgewebes frühstmöglich zu bemerken um diese dann durch den Arzt abklären zu lassen. Die Kurse werden für Frauen ab dem 20. Lebensjahr angeboten. „Wer seine Brust gut kennt, kann auch kleinste Veränderungen wahrnehmen. Die von den BCN angebotenen Kurse und nicht zuletzt auch die Weiterbildungsveranstaltungen für das Sanitätspersonal zum Thema sind Gelegenheiten, um die Öffentlichkeit zur Vorsorge und Früherkennung von Brustkrebs zu informieren bzw. sie zu sensibilisieren.

Für weitere Informationen am besten die Brustgesundheitszentren in Bozen, Meran, Brixen und Bruneck kontaktieren.

Die elf Südtiroler Breast-Care-Nurses, zehn von ihnen haben die Ausbildung in Mammacare absolviert
Breast-Care-Nurse
Psychologischer Beistand, emotionale Betreuung, empathische Kommunikation, pre- und postoperative Versorgung. Die Aufgaben einer Breast-Care-Nurse sind vielseitig. Sie ist der direkte Ansprechpartner der Patientinnen bzw. auch deren Angehörigen, begleitet sie im Idealfall vom Augenblick der Diagnosestellung bis zum Therapieende und auch noch während der Nachsorgeuntersuchungen. Sie informiert gezielt über diagnostische und therapeutische Maßnahmen und berät in sozialrechtlichen und psychosozialen Fragen, fungiert als Bindeglied zwischen Arzt und Patientin. Als Mitglied des therapeutischen Teams und des Tumorboards arbeitet sie eng mit Ärzten, Pflegenden und Therapeuten zusammen. Vor allem während der Diagnosestellung ist ihre Präsenz unabdinglich. Die meisten Frauen und auch deren Angehörige sind in diesem Augenblick viel zu aufgeregt und geschockt, um allen Erklärungen des Arztes folgen zu können. Die BNC kann am darauffolgenden Tag in aller Ruhe noch einmal alles erklären. Voraussetzung für die Ausbildung zur Breast-Care-Nurse ist die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpfleger/in und mindestens zweijährige Berufserfahrung.
Breast-Care-Nurse Martina Tetter