Aktuell

Auf die Plätze fertig los

Zum 15. Mal wird der Pustertaler Jubiläumslauf in Toblach ausgetragen
Fast dreihundert Teilnehmer, ideales Wetter und perfekte Organisation: die Jubiläumsausgabe des Pustertaler Benefizlaufs am 9. Juni in Toblach war wie gewohnt ein Fest für alle. Für die Teilnehmer, die Zuschauer, die Mitfeiernden und auch für die Organisatoren, die sich freuen konnten, dass ihre Mühen sich wieder einmal gelohnt haben. Die Einnahmen sind ein wichtiger Beitrag für die Arbeit des Bezirks.
Rund 150 Läufer und Geher haben sich am Start des 15-Km-Lauf um 15 Uhr in Schluderbach eingefunden. Jeder Teilnehmer erhält ein sonnengelbes T-Shirt, das der Lions-Club Oberpustertal Sillian gespendet hat. Landespräsidentin Ida Schacher gibt zusammen mit dem Präsidenten des Clubs das Start-Signal. Bis wenige Minuten vor dem Start um 15.06 Uhr nieselte es ein wenig, aber dann kommt die Sonne heraus, um – das finde ich jedenfalls – netterweise nach 40 Minuten wieder hinter Wolken zu verschwinden, so dass es sich angenehm den Fluss entlang gegen Toblach laufen ließ. 350 Höhenmeter geht es sanft bergab und 146 Höhenmeter bergauf.
Ich nehme zum zweiten Mal am Lauf teil und habe zur Verstärkung meine Freundin Claudia aus Bozen und meinen Cousin aus Paris, Axel Bry, mitgebracht, der sich sehr beeindruckt zeigt von der tollen Landschaft, aber auch von der besonderen Atmosphäre der Veranstaltung.
Kilometer für Kilometer ist ausgeschildert, so dass sich die Läufer gut orientieren und mit ihren Kräften haushalten können. Bis auf die letzten drei Kilometer, die auf Straße zurückzulegen sind, verläuft die Strecke auf Schotter.
Bild links und mitte: Ida Schacher mit dem Präsidenten des Luchsvereins, Hansjörg Mittich und mit Leon / Bild rechts: Benno Moling: Zum Ersten, zum Zweiten ....
Nach dem Start bilden sich schnell Grüppchen, so dass es sich bequem laufen lässt. Die vier Verpflegungsstellen sind strategisch gut platziert. Gianni Poli hat wie jedes Jahr der Krebshilfe Snacks und Getränke zur Verfügung gestellt, die beim Cortina – Toblach – Lauf in der Vorwoche nicht konsumiert worden sind.
Der vorletzte Stand, etwa 3,5 km vor dem Ziel, wird jedes Jahr von Martha organisiert. Etwas verwundert bin ich allerdings, als ich nicht nur Becher mit einem Energiedrink oder Wasser, Apfelstückchen und Snacks auf ihrem Tisch entdecke, sondern auch Bier und eine Whiskeyflasche... Eine etwas ungewöhnliche Erfrischung während eines Laufs, die aber scheinbar der ein oder andere Teilnehmer schätzt… Ich halte mich allerdings lieber an Wasser!
Zwischen Kilometer 8 und 6 laufe ich zusammen mit Rosalie aus Innichen. Es ist das erste Mal, dass sie am Lauf teilnimmt, und sie hofft, sie hält durch bis ans Ende. Ich reduziere das Tempo ein wenig und plaudere mit ihr. Vor zwölf Jahren hat sie ihren Mann verloren, der an Leukämie erkrankt war. Zwei Söhne im Schulalter alleine großziehen, das Haus abzahlen, Arbeit und Familie alleine unter einen Hut bringen. Das Leben weiter leben und gleichzeitig nicht vergessen. Ein Schicksal, das viele Mitglieder der Krebshilfe kennen. Wir verabschieden uns und ich laufe wieder etwas schneller in meinem Tempo weiter.
Seltsam. Vor mir ist niemand und hinter mir sehe ich auch bald niemanden mehr. Und das wird bis zum Ziel so bleiben. An einem Erfrischungsstand frage ich, ob ich denn die Letzte sei. Nein, nein, lachen sie, da kommen noch viele.
Als ich die kleine Steigung nach dem See in Angriff nehme, weiß ich, dass ich es bald geschafft habe. Nach ein paar Metern werde ich den Kirchturm von Toblach sehen. Das gibt Ansporn, das Tempo wieder ein bisschen zu erhöhen. Aber ich laufe ja nicht auf Zeit, sondern wie alle anderen Teilnehmer auch, aus Freude an der Sache und für den guten Zweck.
Jetzt beginnt es wieder leicht zu regnen, nach der Anstrengung des Laufens ist das angenehm erfrischend. Ich laufe am Parkplatz der Mittelschule vorbei, noch ein kleines Stück, dann heißt es rechts abbiegen, kurz vor der Kirche geht es dann noch einmal rechts und schon sehe ich das Ziel und höre die Stimme von Moderator Benno Moling, neben ihm erkenne ich Ida Schacher, die mir meine Spitzbuben-Medaille umhängt. Geschafft!
Das Fest ist schon in vollem Gang, aus dem Zelt erklingt Musik, Paul, Stefan und Egon spielen zünftig auf. Es riecht verlockend nach Wildschweinbratwurst und Omelett. Die Mitglieder des Luchsvereins und die freiwilligen Helfer, die im Zelt bedienen, haben alle Hände voll zu tun. Laufen und Gehen macht hungrig und durstig.
Einzige Wolke am Himmel von Ida Schacher, die glückstrahlend Hände schüttelt und im Zelt von Tisch zu Tisch geht, um alle zu grüßen, wenn sie nicht irgendwohin gerufen wird, um ein organisatorisches Problem zu lösen, ist ein kleiner Unfall: Ihre Tochter Margareth rutscht auf der Treppe aus, als sie die Luftballons holen will, die im Anschluss an den Kinderlauf in die Luft gestiegen lassen werden. Ein Fall für die erste Hilfe! Eineinhalb Stunden später ist Margareth wieder auf dem Festplatz, allerdings mit Gips und Krücken: ein Stückchen Schienbein ist abgesplittert.
120 Kinder sind beim Kinderlauf mitgelaufen, unter anderem der gesamte Kindergarten von Toblach. Ida Schacher und Landesrätin Waltraud Deeg sind mit den Kindern die 800 m lange Strecke gelaufen. Freudestrahlend haben die kleinen Teilnehmer am Ziel ihre Medaille entgegengenommen und auch gleich hineingebissen.
Die Medaillen der erwachsenen Teilnehmer waren alle mit einer Nummer versehen. Und ab sieben Uhr steigt die Spannung im Zelt, alle warten gespannt auf die Verlosung. Zunächst aber prämiert Toblachs Bürgermeister Guido Bocher die Bestplatzierten. Bei den Frauen sind das: Julia Khuen, Karin Burgmann und Thea Schwingshackl, bei den Männern Lukas Walder, Patrick Klettenhammer und Martin Steiner. Jeder von ihnen erhält eine Torte. Die drei schnellsten Geher konnten nicht ermittelt werden, deshalb schlägt Moderator Benno Moling vor, die für sie vorgesehenen Torten zusammen mit den von den Sponsoren gestellten Preisen zu verlosen: Zwei Ski-Saison-Pässe und zwei Tageskarten der Toblacher Aufstiegsanlagen. Nachdem eine Torte an die Losnummer von Thea Schwingshackl geht, stellt sie diese zur Versteigerung zur Verfügung. Startpreis 200 Euro bestimmt sie und so entdeckt Moderator Benno Moling ein weiteres Talent: das des Versteigerers. Bürgermeister Guido Bocher ersteigert für 210 Euro die teuerste Torte des Tales und verschenkt sie an Leon, einen kleinen Patienten, der zur Maskotte der Krebshilfe Oberpustertal geworden ist. Eine Skitageskarte wird ebenfalls verlost und geht für 300 Euro an Christian Pircher, Präsident des Skicenters Rienz Toblach.
Der Benefizlauf verdankt seine Geburt einer Wette: Peppo und Christoph Trenker haben vor 15 Jahren gewettet, wer am schnellsten vom Gemärk bis Toblach laufen könnte. Der Verlierer sollte eine bestimmte Summe an die Krebshilfe zahlen. 18 km waren es damals und die Idee zündete und zog Jahr um Jahr mehr Läufer an.
Landespräsidentin Ida Schacher dankt abschließend von ganzem Herzen allen Teilnehmern und Sponsoren. Eine lange Liste, die Moderator Moling bereits verlesen hat. Und das Fest ist noch lange nicht zu Ende…
Viele große und kleine Teilnehmer an der Jubiläumsausgabe des Pustertaler Benefizlaufs. 15 km für die Großen und 800 m für die Kleinen.

Aktuell

Portrait einer Heilung

Chiara Stoppa verarbeitet ihre Krankheit in einem Theaterstück – Sich selbst begegnen
Seit acht Jahren tingelt sie durch Italien mit ihrem autobiographischen Theaterstück, das sie zusammen mit Mattia Fabris geschrieben hat. Ein Stück, das nicht direkt von Krebs spricht, sondern von Entscheidungen. Entscheidungen, die zu treffen sind, wenn man sich für einen Weg entscheiden muss. Wie das Leben eben so spielt.
Heute ist Chiara Stoppa 39 Jahre alt. Als sie an Krebs erkrankt ist, 2005, war sie 25. Seit drei Jahren hatte sie die Theaterakademie des Theater Piccolo in Mailand abgeschlossen, vor ihr lag eine vielversprechende Theaterkarriere. Und dann plötzlich diese Müdigkeit. Immer war sie müde. Auf Tournée in Messina geht sie ins Krankenhaus. Was sie dort nach den ersten Untersuchungen zu hören bekommt, verschlägt ihr den Atem: Sie hat Krebs, ein Hodgkin Lymphom in fortgeschrittenenm Stadium, ein bösartiger Tumor des Lymphsystems. Es beginnt der Strudel von Untersuchungen, Therapieplänen, die durch unvorhersehbare Komplikationen durcheinander gebracht werden. Die erste Chemotherapie wirkt nicht, ebensowenig die zweite und die dritte. Und das gleiche gilt für die Strahlentherapie. Chiara versucht alles: Komplementärtherapien, Gebete, Pseudoheilige - und anderes mehr. Nichts, sie bzw. ihr Krebs ist resistent gegen alles. Als letzte Möglichkeit bleibt die Rückenmarkstransplantation. Nur: ein geeigneter Spender ist nicht zur Hand, Zeit zum Warten bleibt ihr keine. Ihre Eltern sind nicht kompatibel, ihre Schwester nur zu 50%. Die Ärzte wollen es trotzdem versuchen. Aber hier widersetzt sich Chiara: „Bei 50% wurde mir erklärt, gibt es zwei Möglichkeiten, es klappt, oder ich sterbe.” Chiara will nicht, dass ihre Schwester sich schuldig fühlt, sollte es nicht funktionieren. Alles oder nichts, sagt sie und verweigert jede weitere Therapie und plötzlich kehrt Ruhe ein in ihrem Leben. Sie nimmt sich Zeit zum Meditieren, nimmt eine Onko-Psychotherapie auf. „Und das hat mir das Leben gerettet“, ist sie überzeugt. „Als es mir gelungen ist, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen.“ Der Augenblick, in dem sie begonnen hat, nachzudenken, welches Leben sie denn überhaupt wollte, was sie sich vom Leben erwartete. Sie entschied sich gegen den Rat der Ärzte, einen letzten Zyklus Chemotherapie zu wagen. Und zum großen Erstaunen aller, dieses Mal sprach der Tumor auf die Therapie an. Im Juli 2018 sind es zehn Jahre, dass sie sich als geheilt betrachten kann.
In ihrem Theaterstück ist die Krankheit Metapher für Veränderung. Sie beansprucht nicht, Wahrheiten zu verkünden. Das Theaterstück ist entstanden, nachdem sie immer wieder gefragt wurde, wie sie es geschafft habe, den Krebs zu überwinden. Die Antwort ist ihre Geschichte. Und wie konnte sie diese besser erzählen, als auf der Bühne? Ihrer Welt. „Erfolg habe ich mir keinen erwartet“, betont sie. „Das war nicht wichtig.“ Es ist ein Stück für alle. Ein Monolog, der Hoffnung weckt, der zum Lachen bringt, zum Nachdenken anregt. Viele kleine Lebensmomente, aneinandergereiht wie die Perlen einer Kette, dramatisch, komisch, skuril: Nach der Diagnose, das Telefon in der Hand und Versionen ausprobieren: Wie sag ich es meiner Mutter? Ein früher Morgen im Krankenhaus, an all jene denken, die jetzt die tägliche Metrofahrt zur Arbeit, eine langweilige Sitzung, einen stressigen Arbeitstag vor sich haben und sie unendlich beneiden… Chiara spielt sich selbst, aber auch alle anderen. Die Mutter Claudia, die Ärzte, Krankenschwestern, Freunde…
Und die Angst? „Ich kann nicht sagen, welche Beziehung ich zur Angst habe“, sagt sie. „Es stimmt, ich habe gelitten, habe geweint, hatte Angst und habe sie auch noch, aber ich konzentriere mich viel lieber auf das Leben!“ Ihre Botschaft für alle, egal ob krank oder nicht: “Entspanne Dich, atme tief ein, öffne Deine Sinne, sei bereit zu wagen und vertraue dir selbst!”
Ja, und das bringt Chiara Stoppa nun schon seit acht Jahren auf die Bühne. In Begleitung eines Technikers, auf der Bühne nur sie und ein kleiner Tisch, der je nach Bedarf Stuhl wird, OP-Tisch, Rollstuhl, Krankenhausbett… Am 1. Juni trat sie auf Einladung der Vereinigung Papavero – Der Mohn im Theater Gries in Bozen auf. Im September 2014 ist das Stück als Buch erschienen: Verlag Mondadori, Ritratto della salute (alla faccia del cancro), Chiara Stoppa und Mattia Fabris.
Die Schauspielerin Chiara Stoppa erzählt seit acht Jahren auf der Bühne die Geschichte ihrer Heilung