Aktuell

Trauer zulassen und leben

Gemeinsame Tagung von EOS und Socrem: Hilf mir Abschied zu nehmen
Geburt und Sterben gehören zum Leben wie das A und das Z zum Alphabet. Aber in unserer Gesellschaft ist der Tod und alles, was damit in Zusammenhang steht, mit einem Tabu belegt. Auch die Trauer. Das Abschiednehmen stand im Mittelpunkt einer Tagung, die Eos, Genossenschaft für Entwicklung, Orientierung und Solidarität zusammen mit Socrem, Vereinigung für Feuerbestattung, veranstaltet hat.
Trauern, Abschied nehmen, von einem lieben Menschen, der von einem Tag auf den anderen nicht mehr da ist, ist ein schweres Unterfangen. In vielen Religionen und Gesellschaften ist der Trauer ein konkreter Raum zugewiesen. Und auch Riten. Drei Monate, sechs Monate, ein Jahr oder mehr, in dieser Zeit darf sich der Trauernde in seine Trauer fallen lassen, und er wird dabei nicht alleine gelassen. Ist die vorbestimmte Zeit vorbei, muss er wieder ins Leben zurückfinden.
In unserer Gesellschaft hingegen wird oft kein Platz für Trauer gewährt. Kaum ist die Beerdigung vorbei, wird zum Alltag übergegangen und der Trauernde muss sehen, wie er alleine zurechtkommt und muss sich vielleicht noch rechtfertigen, weil er trauert. Trauerarbeit ist wichtig, um die Trauer zu überwinden. Wenn diese Arbeit nicht geleistet wird, stellen sich psychologische und gesundheitliche Probleme ein, die den Betreffenden das ganze Leben verfolgen können.
Die gemeinsame Tagung von EOS und Socrem hat die Trauerarbeit von verschiedenen Aspekten beleuchtet. Socrem steht den Trauernden seit über 30 Jahren hilfreich zur Seite und hilft Menschen auch, ihren eigenen Abschied so vorzubereiten, wie er ihrem Leben entspricht, nicht nur hinsichtlich der Feuerbestattung, sondern z. B. auch durch Hilfe bei der Verfassung des biologischen Testaments.
Mit dem Testament, das die Hinterlassenschaft regelt, hat sich hingegen Rechtsanwalt Daniele Valente befasst. In einer Gesellschaft, die das Sterben zum Tabu erklärt hat, ist auch kein Platz für den letzten Willen. „Ein Testament ist aber der Ausdruck von Verantwortung und auch von Liebe meinen Hinterbliebenen gegenüber.“ Ein Testament kann jederzeit widerrufen und aktualisiert werden. „Es muss immer handschriftlich verfasst sein und sollte so aufbewahrt werden, dass es im Todesfall auch rechtzeitig bei der Hand ist.“
Ein wichtiges Thema der Tagung war die Trauerhilfe für Erwachsene und für Kinder. Der schlimmste Fehler sei, so die Psychologin Sabine Cagol, Kinder unkommentiert ihren Eindrücken und Erlebnissen im Zusammenhang mit dem Tod zu überlassen. Traumata im Zusammenhang mit nicht bewältigter Trauer können zu Depression und schweren neurologischen Schäden bis hin zur Invalidität führen. EOS bietet für Trauernde jeden Alters Trauerbegleitung in Form von Musik-, Kunst- und Tanztherapie an.
Die Organisatoren und Refenten der Tagung (v. li.): Giuseppe Rossi (Socrem), Ulrich Seitz (EOS), Sabine Cagol, Daniele Valente, Anna Ferretti (Socrem), Paola Taufer (Psychologin), Pater Paul und Hannah Battisti: (Kunsttherapeutin EOS)
Pater Paul vom Liebeswerk in Meran, ging sehr hart mit der Trauerbegleitung der katholischen Kirche ins Gericht. „Die Sterberituale der Kirche sind bitterarm und passen nicht mehr, sagte der Kapuzinerpater. „Der Mensch ist nicht aus Staub geboren, sondern aus der Liebe zweier Menschen, die Totenmesse ist eine billige Form der Trauer und ein furchtbarer Moment für die Trauernden.“ Man sollte vielmehr versuchen, dem Trauernden zu vermitteln, dass man für ihn da sei und ihm kleine Inseln der Lebensfreude bauen, die ihm den Weg zurück ins Leben zeigen.

Aktuell

Zeit für den Körper und für den Geist

Wassergymnastik hilft die Muskeln stärken ohne den Körper zu belasten
Auf einem Bein rückwärts hüpfen und dabei die Arme weit öffnen und wieder schließen. Was sich kompliziert anhört, wird im Wasser (fast) zum Kinderspiel. Nachdem Waltraud, Maria, Maja und Manuela die 25 m im Schwimmbecken der Don Bosco Schule in Bozen hüpfend zurückgelegt haben, schauen sie auf. Was kommt jetzt? Seit 2010 bietet Monica Fattor jeden Freitag Nachmittag im Auftrag der Krebshilfe einen Kurs für Wassergymnastik an.
Die ausgebildete Sportlehrerin, die sich im Lauf der Jahre auf Wassergymnastik und Schwimmkurse für Kinder spezialisiert hat, steht am Beckenrand und kontrolliert aufmerksam, ob ihre Damen die Übungen auch korrekt ausüben. Wenn etwas nicht so klappt, wie es soll, findet sie aufmunternde Worte und führt die Bewegungen langsam noch einmal vor.
An diesem Freitagnachmittag sind nur vier Damen im Schwimmbad, eine ganze Gruppe von sechs Teilnehmerinnen, die vom Ritten kommen, hat es nicht geschafft, nach Bozen zu kommen.
Bei der nächsten Übung hat Waltraud Schwierigkeiten mit der Koordination. Das Bein heben und das Knie anwinkeln und gleichzeitig einen Arm hoch nach oben und einen seitlich ausstrecken. Monica Fattor kniet sich an den Beckenrand, nimmt die Hände von Waltraud und führt ihr den Rhythmus vor. Jetzt klappt es und Waltraud gelangt zufrieden ans Ende der Bahn, wo die anderen schon auf sie warten. Sie ist die Älteste der Gruppe und ganz besonders stolz, wenn sie die Übungen gut hinbekommt und von Monica Fattor gelobt wird.
Die nächste Übung ist besonders anspruchsvoll: beide Arme kraftvoll ausstrecken, Knie nach oben ziehen und Kopf nach unten drücken und zwei Schritte rennen. Das Wasser hilft, weil es das Gewicht des Körpers trägt. Sehnen, Bänder und Knochen werden geschont. Gleichzeitig aber bremst es und fordert die Muskeln.
Die Frauen sind ganz konzentriert bei der Sache, man sieht ihnen an, dass es Spaß macht und sie versuchen, ihr Bestes zu geben. Fünfundsiebzig Minuten geht es hin und her, und wer möchte kann anschließend noch die Gelegenheit zum Schwimmen nutzen.
Alle Muskelgruppen werden im Lauf der Wassergymnastik trainiert, erklärt Monica Fattor. Sie weiß zwar meistens nicht, welche (Krebs)Erkrankung die Frauen hinter sich haben, aber bei den meisten ist es Brustkrebs. „Ich mache sehr viele Übungen für die Schultern und die Arme, Streckübungen für den Rücken und die Beine und beim Hüpfen oder Gehen durch das Wasser ist auch die Bauchmuskulatur gefordert", erklärt die Spoprtlehrerin. Übungen, die besonders brustoperierten Frauen gut tun, aber generell jedem, der zum Beispiel eine sitzende Tätigkeit ausübt oder sonst wenig Gelegenheit hat sich zu bewegen.
Zum Teil werden für die Übungen auch Hilfsmittel wie Hanteln, Schwimmtafeln oder Pool-Nudeln eingesetzt, wie die bunten, beweglichen Plastikröhren heißen, auf denen Kinder so gern durchs Wasser reiten.
Die meisten Frauen sind schon seit vielen Jahren bei der Gruppe. Ab und zu kommt eine Neue dazu. Maria ist von Anfang an dabei. „Die Wassergymnastik ist ein Teil von mir geworden“, sagt sie. „Ich habe vor meiner Erkrankung keinen regelmäßigen Sport betrieben.“ Jetzt möchte sie das Wohlgefühl nach der körperlichen Anstrengung nicht mehr missen. Außerdem gehören die eineinhalb Stunden Wassergymnastik ganz allein ihr, da bleiben die Arbeit und die Familie mit drei Kindern einmal außen vor. Zeit für ihren Körper und auch Zeit für den Kopf. Jeden Freitag von 17.40 bis 18.40 Uhr.
Maja kommt aus Jenesien und ist auch schon seit sechs Jahren mit dabei. Sie hat vorher versucht, alleine im Schwimmbad zu üben, aber in der Gruppe und mit Anleitung fühhlt sie sich viel wohler. Sie istauch sonst sehr aktiv: Wandern, Radfahren, Gymnastik. „Bewegung ist mein Ein und Alles“, sagt sie und besser als jede Massage. Sogar beim Zähneputzen schafft sie es, Gymnastikübungen auszuführen und außerdem trainiert sie fleißig ihre beiden Gehirnhälften, indem sie einmal rechts putzt und einmal links und das gleiche tut sie auch beim Schreiben. Am Herd steht die ehemalige Köchin nur noch zuhause, aber auch diese Zeit nutzt sie zur körperlichen Ertüchtigung, in dem sie sich dabei auf einen Kreisel stellt und Gleichgewichtsübungen durchführt.
Monica Fattor wechselt ihr Programm immer wieder ab, so dass es den Teilnehmerinnen nie langweilig wird. Wenn eine ihrer Damen – in den acht Jahren, die sie den Kurs gibt, hatte sie bisher erst einmal einen Mann unter den Eingeschriebenen – ein besonderes Anliegen oder Beschwerden hat, stellt sie die Übungen darauf ein.
Monica Fattor macht die Übung vor
Die Zeit geht jedenfalls immer viel zu schnell vorbei, finden Maria, Maja, Waltraud und Manuela als sie aus dem Wasser steigen. An diesem Freitag haben sie zudem ganz besonders intensiv gearbeitet, weil sie ihre Lehrerin ganz für sich alleinehatten.
Kleiner Nachtrag: Für die Fotos ist Fotograf Othmar Seehauser noch ein zweites Mal zur Wassergymnastik, um auch die ganze Gruppe ablichten zu können.