Aktuell

Selbsthilfe und Halt in der Gruppe

Selbsthilfegruppen in Bozen und in Brixen mit Regina Bogner
Viele Frauen gehen lieber turnen, möchten ihren Körper stählen und vergessen darüber, dass auch die Seele Bewegung und Fitness braucht. Regina Bogner weiß wovon sie spricht. Sie ist beides: Betroffene und Psychotherapeutin.
Zwei Gruppen hat sie für die Südtiroler Krebshilfe aufgebaut, bzw. schon zuvor für mamazone. Eine angeleitete gemischte Gruppe in Brixen und eine reine Frauengruppe in Bozen, an der auch sie als ehemalige Betroffene teilnimmt. Beide Gruppen sind allerdings nur deutschsprachig, als Österreicherin ist Regina Bogner im Italienischen nicht so sattelfest, dass sie es sich zutrauen wurde, eine gemischte Gruppe zu leiten. Zu wichtig sind ihr die feinen Nuancen, das zwischen den Zeilen Herauszulesende.
Das Schöne in einer Gruppe ist schnell umfasst: „Wir sind alles Betroffene, wissen worum es geht, worüber die anderen sprechen.“ Die Isolation aufbrechen, in die die Krankheit geführt hat. Themen wie Körperlichkeit und Sex. Neue Lebenszentren finden, Halt und Verständnis. Sich austauschen und zuhören. Strategien entwickeln und sich Beispiel nehmen an anderen.
„In der Gruppe ist immer eine tolle Stimmung!, sagt Regina Bogner. „Wir lachen viel. Aber auch Tränen sind erlaubt. Die Angst vor dem Rückfall. Die Scheu vor dem eigenen veränderten Körper.“ Die Frauen erleben sich als gestärkt durch die Gemeinschaft. Die Teilnahme in einer Selbsthilfegruppe hilft den Betroffenen, nicht wieder in ihren Alltag, den alten Trott zurückzufallen. „Routine tut einerseits gut nach der aufregenden und bewegten Zeit der Therapie, aber die Gefahr besteht, dass man dann wieder am selben Punkt landet. Wo Zeit für nichts bleibt, vor allem nicht für sich selbst.
In der Bozner Gruppe greift Bogner als Therapeutin so wenig wie möglich ein. Sie gibt den Einstieg vor und interveniert nur dann, wenn das Gespräch ausufert oder im Sand verläuft. Ansonsten ist sie gleichgestellt.
Anders in Brixen. Eine geleitete Gruppe, eine gemischte Gruppe mit allerdings nur wenigen Männern. „Männer brauchen Themen, eine Struktur, Vorgegebenes, kommen mit dem spontanen, assoziativen Gespräch nicht so zurecht, die Gruppe arbeitet zielgerichteter." Gemischte Gruppen findet die Therapeutin spannend. Es kommen unterschiedliche Sichtweisen ins Spiel, die den einzelnen weiterbringen können. Die ideale Gruppengröße? Sieben bis acht Personen.
Regina Bogner hat auch eine Gruppe für Angehörige Krebskranker angeboten, die aber aus Mangel an Anmeldungen nicht zustande gekommen ist.
Wie lange funktioniert eine Selbsthilfegruppe? Unterschiedlich, aber in der Regel läuft sie sich nach drei bis vier Jahren aus. Dann ist alles gesagt, alles geteilt. Jetzt braucht es neue Anregungen. Was wichtig ist: Wenn ernsthafte psychologische Probleme vorliegen, sollte zusätzlich ein Psychotherapeut hinzugezogen werden, es ist auch Aufgabe des Gruppenleiters zu erkennen, wann der Zeitpunkt kommt, an dem der Betroffene professionelle und individuelle psychologische Hilfe braucht.
Beide Gruppen, sowohl jene in Brixen als auch jene in Bozen können etwas Auffrischung vertragen. Ab September treffen sie sich wieder, neue Mitglieder sind willkommen. In Brixen sowohl Frauen als auch Männer, in Bozen nur Frauen.

Aktuell

Von Eulen und Lerchen

Wir schlafen meist besser als wir denken - Interview mit Dr. Ausserer
Es gibt Eulen und es gibt Lerchen. Der Schlaf ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Eine feste Regel gibt es nicht, aber einige Anhaltspunkte, die helfen, zur besten persönlichen Schlafqualität zu finden.
Dr. Harald Ausserer
Wir tun es jeden Tag, unser ganzes Leben lang, aber was es mit dem Schlaf auf sich hat und wie Schlafen funktioniert, wissen nur die wenigsten.
Gut schlafen heißt nicht unbedingt lang schlafen. Es gibt Menschen, die mit fünf Stunden auskommen, andere brauchen acht Stunden, um aktiv und frisch ihren Tag zu bewältigen. Zu viel Schlaf ist ebenso problematisch wie zu wenig Schlaf. Je älter wir werden, desto weniger Schlaf brauchen wir. Gut schlafen heißt nicht, ungestört durchzuschlafen. Ein paar Mal aufwachen während der Nacht ist der Schlafqualität absolut nicht abträglich, vorausgesetzt, man schläft gleich wieder ein.
Schlaf ist nicht gleich Schlaf. Der Schlaf ist eine stete Abfolge von mehreren Zyklen, mehr oder weniger lange, leichte und tiefe Phasen wechseln sich ab und es ist genau diese Abfolge, die einen guten und erholsamen Schlaf kennzeichnet.
Der Neurologe Dr. Harald Ausserer hat sich intensiv mit dem Thema Schlaf auseinandergesetzt. Weitere Spezialgebiete seiner Tätigkeit sind Epilepsie sowie Berg-, Höhen- und Expeditionsmedizin.
Chance: Gut schlafen heißt also nicht, sofort einschlafen und schlafen wie ein Stein?
Dr. Ausserer: Nein, gut schlafen heißt, mehrfach wellenförmige Leicht- und Tiefschlafphasen während der Nacht zu durchlaufen. Viele Menschen beklagen sich, sie hätten schlecht geschlafen, seien mehrmals aufgewacht während der Nacht, aber dann bewältigen sie ihren Tagesablauf ohne Probleme. Da kann der Schlaf so schlecht nicht gewesen sein, der Körper holt sich den Schlaf, den er braucht! Der schlecht empfundene Schlaf ist oft nur eine falsche Idee von Schlaf, eine Fehleinschätzung also.
Chance: Schlafen ist ja eigentlich ganz schön anstrengend…
Dr. Ausserer: Das stimmt. Warum schlafen wir eigentlich? Was passiert da? Das ist längst nicht zur Gänze erforscht und beschäftigt die Wissenschaftler immer noch. Eines steht fest: Der Schlaf ist im Grunde eine psychologische Angelegenheit und Notwendigkeit. Das Gehirn braucht diese Zeit, um unserer Erlebnisse aufzuarbeiten und um zu sortieren, um das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, um zu entscheiden, was behalten werden muss und was vergessen werden kann.
Chance: So gesehen ist die Nacht ja alles andere als geruhsam!
Dr. Ausserer: Für das Gehirn ist der Schlaf harte Arbeit und deshalb verbraucht der Körper auch sehr viel Energie in der Nacht.
Chance: Sie sprechen von zwei Schlaftypen, Eulen und Lerchen.
Dr. Ausserer: Das ist natürlich ein sehr vereinfachtes aber sehr effizientes Bild für die beiden Schlaftypen. Es gibt nachtaktive Menschen, die am frühen Morgen nicht sehr leistungsfähig sind und frühaktive Menschen, die am Abend Mühe haben, die Augen offen zu halten. Das ist genetisch bedingt, da kann man nichts dagegen tun. Was man tun kann, ist hingegen gemäß seiner Veranlagung und nicht dagegen zu leben. Im Berufs-Alltag ist es leider so, dass wir oft gegen diese Veranlagung leben müssen. In großen Betrieben gibt es Mitarbeiterstudien wonach die Angestellten in die unterschiedlichen Kategorien eingeteilt werden und einen entsprechenden Arbeitsstundenschlüssel, bzw. Turnusse erhalten, die dieser Veranlagung Rechnung tragen. Das Ergebnis ist eindeutig: Wer nach seinem inneren Rhythmus arbeiten kann, leistet mehr und wird weniger krank!
Chance: Was sollte man beachten, um gut zu schlafen?
Dr. Ausserer: Zunächst einmal eines: Nur dann zu Bett gehen, wenn man wirklich müde ist. Wer sich beklagt, dass er lange braucht, um einzuschlafen, ist vielleicht einfach nicht müde genug! Genauso wie Personen, die um 21 Uhr zu Bett gehen, sich nicht zu wundern brauchen, wenn sie ab 4 oder 5 Uhr früh nicht mehr schlafen können. Der Körper hat genug Schlaf gehabt!
Chance: Die famose innere Uhr!
Dr. Ausserer: Genau. Wer seinen Körper kennt und auf diesen hört, findet von ganz allein den richtigen Rhythmus.
Chance: Wie sieht es aus mit dem Mittagsschläfchen? Viele schwören darauf, andere wiederum sind danach nur noch müder.
Dr. Ausserer: Die aktuelle Empfehlung liegt bei 15 bis maximal 20 Minuten. Auf keinen Fall länger, sonst kann nämlich eine Tiefschlafphase eintreten und wird man aus dieser herausgerissen, dann fühlt man sich tatsächlich müder als vorher. Aber da ist noch etwas zu beachten: Wer mittags schläft, dem fehlt es am Abend an Müdigkeit und damit fällt das Einschlafen wieder schwer. Man sollte sich deshalb gut überlegen, ob es den Mittagsschlaf tatsächlich braucht!
Chance: Sollte man einen regelmäßigen Schlafrhythmus haben?
Dr. Ausserer: Besser wäre es, aber Ausnahmen z. B. am Wochenende oder während des Urlaubs schaden nicht. Wichtig ist, dass ich Tag und Nachtphasen einhalte und diese entsprechend gestalte. Das heißt, dass ich den aktiven Tagesbereich im Hellen verbringe, die Nacht- bzw. Schlafphase im Dunkeln. Es empfiehlt sich z. B. nicht im Bett zu lesen, noch schnell Mails und WhatsApp zu checken oder Fernsehen zu schauen. Das Schlafzimmer sollte wirklich eine Schlafhöhle sein!
Chance: Schlafstörungen sind oft ein Hinweis auf tiefer liegende Störungen?
Dr. Ausserer: Das stimmt. Ein zu großes Schlafbedürfnis oder Nichtschlafenkönnen ist oft auch ein Hinweis für das Vorliegen einer Depression. Hier kann eine medikamentöse Therapie hilfreich sein. Es gibt Medikamente, die den Schlaf verbessern, tagsüber zu mehr Energie verhelfen und dabei - das ist entscheidend - nicht abhängig machen. Wer Schlafstörungen hat, sollte sich an seinen Arzt wenden, dies ist insbesondere dann nötig, wenn eine gesteigerte Tagesmüdigkeit vorliegt.