Die Seite der Rentnergewerkschaft

Bericht über die Tagung zur Armut

Auf Einladung der Asgb­-Rentner und der konföderierten Rentnergewerkschaften fand im Versammlungssaal der Gemeinde Bozen am 27. Oktober 2016 eine Tagung zur Armut statt. Zahlreiche Bürger und namhafte Vertreter aus Politik und Gesellschaft waren der Einladung gefolgt. Der Sekretär der ASGB-Rentner, Stephan Vieider, betonte in seinem Einleitungsreferat, dass „Armut die extremste Form sozialer Ungleichheit“ darstellt. Gerade in unserem reichen Südtirol ist sie in Zunahme begriffen, hat viele Gesichter und bleibt oft unaufgedeckt, weil sie mit einem Makel verbunden ist. Ziel dieser Tagung war nicht nur, auf die verschiedenen Formen der Armut in der heutigen Zeit aufmerksam zu machen, sondern die politisch Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen, damit sie konkrete Schritte zur Behebung bzw. Vermeidung von Armut unternehmen. Stephan Vieider listete in seinem Referat zahlreiche Fälle von Armut auf und bemerkte dazu, dass gerade Bildungsarme nicht in der Lage sind, selbst zur Verbesserung ihrer Situation beizutragen. Als Gründe für die Nicht-Inanspruchnahme nannte Carlo Buzzi, Professor für Soziologie und Sozialforschung der Uni Trient, organisatorische und bürokratische Hürden, das Gefühl der Ohnmacht gegenüber den Behörden und die Stigmatisierung der Empfänger. Deshalb forderte er eine Begleitung der Betroffenen bei der Einforderung ihrer Rechte.
Der Abteilungsdirektor für Soziales Luca Critelli bemerkte, dass im Jahr 2013 in Südtirol 35.000 Haushalte, also 16,5 Prozent der Bevölkerung Südtirols, armutsgefährdet waren, weil ihr Einkommen 60 Prozent unter dem Durchschnittseinkommen lag. Armutsgefährdet sind aber nach Aussagen von Attilio Rimoldi, dem Sekretär der gesamtstaatlichen Pensionistenvereinigung auch über 50-Jährige, die ihre Arbeit verlieren oder junge Leute, die über keine kontinuierliche Arbeit verfügen und also auch keine Sozialbeiträge entrichten. Dieses Phänomen ist in Zunahme begriffen, so dass sich vor allem unter Jugendlichen Hoffnungslosigkeit breitmacht, die nicht selten im Suchtverhalten endet. Darauf verwies in seinem Begrüßungsreferat unter anderem auch der Bürgermeister der Gemeinde Bozen, Renzo Bergamaschi.
Der Sachbearbeiter für EU-Angelegenheiten im Ressort Gesundheit, Sport, Soziales und Arbeit, Karl Tragust, ging auf den demographischen Wandel der Gesellschaft ein und zeigte die Auswirkungen desselben auf den Arbeitsmarkt der Zukunft auf, in dem wenig Junge viele Alte zu versorgen haben. Außerdem verwies er auf die Notwendigkeit der Koordinierung lokaler Maßnahmen mit jenen der EU, damit die vorhandenen Sozialgelder der EU im Lande wirksam ausgeschöpft werden können.
Der gewinnorientierte Turbokapitalismus und der damit einhergehende Konsumzwang werden für viele zur Armutsfalle, weil man bei gleichzeitig instabilem Arbeitsmarkt über seine Verhältnisse lebt. Darauf verwies auch die Richterin für Zwangsvollstreckungen am Landesgericht Bozen, Lisa Zamboni. „Wer in die Armutsspirale gerät, kommt aus eigener Kraft nicht wieder heraus“ unterstrich auch Carlo Buzzi von der Uni Trient.
Armut aber ziehe unweigerlich Angst, Hass und Populismus nach sich. Dies wiederum führe nach Aussagen von Carlo Buzzi zur politischen Spaltung und schließlich zum Krieg.
Deshalb müssen dieser Tagung nach Meinung aller Referenten konkrete Schritte folgen:

um die wirklich Bedürftigen ausfindig zu machen,
sie zu befähigen, ihre Rechte einzufordern,
die bürokratischen Hürden für die Inanspruchnahme von Sozialleistungen abzubauen,
das Stigma der Armut in der leistungsorientierten und kapitalistischen Gesellschaft zu verringern,
und durch Armut hervorgerufenen sozialen Sprengstoff in der Gesellschaft zu entschärfen.

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Rückblick auf die Jahresversammlungen

Brixen, Bozen, Schlanders, Sterzing und Meran
Das Referat von Herrn Walter Andreaus, dem Leiter der Verbaucherzentrale: „Über die ewige Plage mit dem Aufbewahren von Dokumenten“ stieß im voll besetzten Saal bei der Jahresversammlung des Bezirkes Brixen auf reges Interesse. Er ging in diesem Referat detailliert auf die neuesten Vorschriften zur Aufbewahrung von Dokumenten ein, die in der Regel zwischen drei und zehn Jahren liegt. Dazu händigte er ein Faltblatt aus, aus dem im Detail die Aufbewahrungsfrist für die einzelnen Dokumente hervorgeht. Dieser Vordruck liegt in der Verbraucherzentrale und in unserem Büro auf. In der Folge sprach er die derzeit anstehende Umwandlung der Volksbank in eine Aktiengesellschaft an und ging auf die damit zusammenhängende Problematik für Aktionäre ein. Er kündigte dazu die Unterstützung der Verbraucherzentrale an. Schließlich stand er allen Fragen der Anwesenden Rede und Antwort.
Die ehemalige Friedensrichterin, Frau Dr. Paula Corradini, klärte in ihrem Referat zur Sachwalterschaft die Anwesenden in Afing, in Schlanders und in Meran über die folgenden Sachverhalte auf:
Unter Sachwalterschaft versteht man die Beauftragung einer Person, die für befristete oder unbefristete Zeit die sozio-sanitären und verwaltungstechnischen Belange einer Person regelt.
Der Sachwalter wird vom Vormundschaftsgericht eingesetzt, ist aber kein Vormund, wird ausgebildet und muss jährlich dem Vormundschaftsrichter Rechenschaft ablegen.
Der Sachwalter kann von der betroffenen oder einer anderen Person beim Hausarzt, in den Sanitätssprengeln und beim Verband der Sachwalter angefordert werden.
Der Sachwalter arbeitet ehrenamtlich. Ihm seht lediglich eine Spesenvergütung zu. Allerdings kann auch ein Anwalt mit einer Sachwalterschaft beauftragt werden. Diesem steht neben der Spesenvergütung ein Honorar zu.
Die Ausführungen von Frau Paola Corradini stießen auf reges Interesse und haben gezeigt, wie bereits bei der Tagung am 27.10.2016 in Bozen zum Thema „Armut“ angesprochen wurde, dass gerade jene, denen die Kompetenz fehlt, sich selbst zu helfen oder Hilfe zu suchen, allein dastehen, da sich Behörden und Institutionen nicht zuständig fühlen. Die „unsichtbare Armut“ fällt durchs Raster. Ein Lob gilt den ehrenamtlichen Personen, wie eben der Gruppe der ehrenamtlichen Sachwalter, die sich gerade dieser Menschen annimmt.
Unsere Forderung geht an die zuständigen Institutionen und Politiker, sich für die Aufwertung der ehrenamtlichen Sachwalter einzusetzen, ihre Tätigkeit zu honorieren und finan­ziell zu unterstützen, wie es in der Nachbarprovinz oder in anderen Ländern(Österreich) bereits der Fall ist.
Helmut Renzler, Abgeordneter zum Südtiroler Landtag, klärte die Anwesenden im voll besetzten Kolpingsaal von Sterzing anlässlich der Jahresversammlung auf, welche Sozialleistungen von den Rentnern beansprucht werden können. In seinem interessanten Referat ging er anschaulich auf die Neuigkeiten im Pensionsbereich ein, sprach über die aktuellen Steuerfreibeträge, über die Ausdehnung einer 14. Pension für Renten bis 1000 Euro und über eine mögliche Erhöhung der Mindestrenten in naher Zukunft. Detailliert klärte er über die Bemessung der Hinterbliebenenrenten auf und listete im Detail alle Möglichkeiten auf, in denen im Falle von Bedürftigkeit um Sozialhilfe angesucht werden kann. Er forderte in diesem Zusammenhang alle Betroffenen dazu auf, sich an die Sozialsprengel in den Bezirken zu wenden und keine falsche Scham und Bescheidenheit zu zeigen, wenn es darum geht, ihre Rechte geltend zu machen. Auch verwies er auf die Wichtigkeit der jährlichen RED-Erklärung für Personen, welche eine Mindest-, Hinterbliebenen-, Invaliden- und Arbeitsunfähigkeitsrente oder Sozialzuschläge beziehen.
Abschließend ging er auf die neuesten Bestimmungen für angehende Rentner ein, beantwortete alle Fragen der Anwesenden, gab nützliche Hinweise und zeigte sich zu ständiger Hilfestellung bereit. Ebenso sind unser Patronat, unser Büro in Bozen und jene in den Bezirken Ansprechpartner bei allen anstehenden Fragen und Problemen.