Aktuell

Halbzeitbilanz des ASGB zu den
Forderungen des 13. Bundeskongresses

Im Jahr 2014, anlässlich des 13. Bundeskongresses, hat der Autonome Südtiroler Gewerkschaftsbund Forderungen in den Bereichen Autonomie, Arbeitsmarkt und Bildung, Familie, Gesundheit, Soziales und Wohnbau, Energie und Jugend deponiert. Nun, da bereits zwei Jahre vergangen sind, erachten wir es als zielführend, ein Zwischenresümee zu ziehen und damit auch einen Ausblick auf die nächsten zwei Jahre zu geben. Der ASGB wird mit Sicherheit zur Realisierung bisher noch nicht erfüllter Forderungen seinen gesamten Handlungsspielraum nutzen.

1. Autonomie
Gleichstellung des ASGB
Die wichtigste Forderung des Kongresses 2014 betraf mit Sicherheit die Gleichstellung des ASGB, der essentielle Baustein für unser Weiterbestehen in der aktuellen Form. In der Zwischenzeit hat das Verwaltungsgericht geurteilt, dass die Repräsentativität festzustellen ist und der ASGB bei einer Nichtfeststellung seine bisher verbrieften Rechte verliert. Mit Unterstützung der SVP und der Südtiroler Oppositionsparteien im Landtag, wurde die Sechserkommission beauftragt eine Lösung zu finden. Wir befinden uns weiterhin im Unklaren was unsere Zukunft betrifft, sind aber aufgrund der überparteilichen Unterstützung vorsichtig optimistisch, dass sich die Situation zu unseren Gunsten entwickeln wird.
Primäre Zuständigkeiten
Der Ausbau der primären Zuständigkeiten war eine weitere Forderung die wir 2014 deponiert haben. Man kann durchaus sagen, dass unsere Forderung erfüllt wurde, nichtsdestotrotz hätten wir mit noch mehr neuen Zuständigkeiten gerechnet. Der Autonomiekonvent, dessen Arbeiten noch bis zum Sommer 2017 laufen, lässt uns optimistisch auf die zukünftige Entwicklung blicken. Der Vorsitzende des ASGB, Tony Tschenett, sitzt im Konvent der 33 als Repräsentant der Gewerkschaften und hat schon des Öfteren die Umwandlung der tertiären und sekundären Zuständigkeiten in primäre Zuständigkeiten gefordert.
Autonomiekonvent
Die Einsetzung des Autonomiekonvents wurde 2014 vom ASGB ausdrücklich begrüßt. Auch die Forderung, dass der ASGB im Roformkonvent mitarbeitet um die Interessen der Arbeitnehmerschaft zu vertreten, wurde - wie im vorigen Punkt bereits beschreiben - mit der Entsendung Tony Tschenetts erfüllt.
Anwendung der deutschen Sprache
Die Forderung zur Anwendung der deutschen Sprache in allen öffentlichen Verwaltungen wurde nicht in der Kompromisslosigkeit umgesetzt, wie wir uns das erwartet hätten. Wir haben uns jedoch, sobald wir von Verletzungen der Pflicht zur Zweisprachigkeit gehört haben, immer zu Wort gemeldet. Diesbezüglich haben wir in den vergangenen zwei Jahren viele Presseaussendungen verschickt und des Öfteren auch direkt bei den verantwortlichen Ämtern interveniert.
Toponomastik
Die Forderung zur Benutzung der historisch gewachsenen Ortsnamen ist eine solche geblieben. Vor allem im letzten halben Jahr wurde über eine gesetzliche Neufassung der Toponomastikfrage diskutiert, es scheint sich aber keine zufriedenstellende Lösung abzuzeichnen.
Einhaltung des Proporzes
Ein leider immer noch aktuelles Thema, dem wir äußerste Wichtigkeit beimessen, ist die Einhaltung des Proporzes. Einige Aussagen, quer durch alle italienischen Parteien, sind ziemlich besorgniserregend. Wir haben, genauso wie beim Thema Zweisprachigkeitspflicht, unzählige Presseaussendungen verschickt, sowie im Rahmen der Vereinsanhörungen zum Autonomiekonvent darauf aufmerksam gemacht, dass der Proporz eine der grundlegenden Säulen des Autonomiestatutes und des friedlichen Zusammenlebens der Volksgruppen in Südtirol ist und unter keinen Umständen aufgeweicht oder abgeschafft werden darf. Wir werden weiterhin mit Argusaugen über die Einhaltung des ethnischen Proporzes wachen und uns mit Vehemenz gegen alle Versuche, diesen anzutasten, wehren.
Privatisierung
Privatisierte Dienste, wie die Post und die Eisenbahn, sind nicht wie von uns gefordert, vom Land übernommen worden. Auch lässt die Effizienz weiterhin zu wünschen übrig. Das Thema Privatisierung wird von uns auch in den nächsten Jahren stark überwacht. Wir hoffen, durch Erlangung weiterer autonomer Zuständigkeiten zusätzliche Privatisierungen verhindert werden können.
2. Arbeitsmarkt und Bildung
Steuerliche Entlastungen der Bürger und Unternehmen in Südtirol
Die Forderung nach steuerlicher Entlastung für die Bürger und Unternehmen in Südtirol ist seit jeher eines der Kernansinnen des ASGB. Diesbezüglich haben wir uns massenhaft mittels Presseaussendungen und Interviews zu Wort gemeldet. Die regionale IRPEF wurde teils reduziert, die IRAP wurde ebenfalls verringert.
Die Abschaffung der Immobiliensteuer GIS, wie sie im Jahre 2014 aktuell war, ist aus unserer Sicht äußerst begrüßenswert. Wir haben anlässlich des 13. Bundeskongresses gefordert, dass die Erstwohnung von der GIS befreit werden muss. Dass es tatsächlich so gekommen ist, werten wir als großen Erfolg.
Arbeitsplätze für Alle
Die Forderung 2014, wieder Vollbeschäftigung, also Arbeitsplätze für alle zu erreichen, ist heute genauso aktuell wie damals, wir können aber feststellen, dass die Anstellungen in fast allen Bereichen wieder zugenommen haben. Probleme gibt es nach wie vor vor allem bei Arbeitssuchen über 50 Jahren.
Aktivierende Maßnahmen: Der Generationenvertrag, ursprünglich von der Politik hochgepriesen, wurde bis heute nicht umgesetzt. Besonders ärgerlich ist dieser Umstand deshalb, weil diese Maßnahme von der Bevölkerung mit Begeisterung aufgenommen wurde. Auch wir sind davon überzeugt, dass sich der Generationenvertrag positiv auf Südtirols Arbeitswelt auswirken würde: einerseits um die ältere Generation zu entlasten, andererseits um der jungen Generation eine Chance auf Arbeit zu geben. Es gilt vielleicht endlich mal festzuhalten, dass immer wieder von politischer Seite betont wird, die Umsetzung würde im öffentlichen Dienst nicht wegen mangelnden politischen Willens, sondern wegen des NISF/INPS scheitern. Wir möchten diesbezüglich zu bedenken geben, dass im Trentino der Generationenvertrag im der Privatsektor umgesetzt wurde. Unter anderem hat auch das Unternehmen Finstral von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Wenn unsere Entscheidungsträger etwas flexibler wären, dann hätten wir auch die Trientner Regelung übernehmen können.
Gute Arbeit, fairer Lohn
Der ASGB hat in unzähligen Verhandlungen versucht die Löhne für die Bediensteten den Erfordernissen der Zeit anzupassen. Einiges ist uns in den letzten zwei Jahren auch gelungen, so richtig zufrieden sind wir aber nicht. Es ist Tatsache, dass die Lohnverhandlungen immer schwieriger werden, sei es in der Privatwirtschaft, als auch im öffentlichen Dienst. Die Bereitschaft zu spürbaren Lohnerhöhungen ist immer seltener gegeben. Das Fazit unsererseits heißt: trotz Teilerfolge sind unsere Forderungen von 2014 bei weitem noch nicht erreicht worden.
Bildung
Es hat sich einiges getan: Im Kindergarten wurden zusätzliche Betreuungspersonen eingestellt, auch wenn immer noch großer Bedarf an weiteren besteht. Auch das Lehrpersonal müsste noch weiter aufgestockt werden. In diesem Kontext können wir aber durchaus anmerken, dass wir inmitten von steten Verhandlungen mit den Verantwortungsträgern sind und nicht allzu negativ in die nahe Zukunft blicken. Entwicklungspotenzial gibt es hingegen noch zuhauf bei der Frühförderung der Kinder.
3. Familie
Erziehungszeiten
Es war immer ein Anliegen des ­ASGB, dass es Entscheidungsfreiheit für Eltern insofern geben muss, als dass ein Elternteil wählen kann, nach Ende des Mutterschafts-/Elternurlaubes, bei den Kindern zu Hause zu bleiben. Dafür muss die Politik die Voraussetzungen schaffen. Dies ist bis heute nicht geschehen, damit müssen wir diese Forderung als nicht umgesetzt betrachten.
Ticketbefreiung
Das starre System der Ticketbefreiung ist nach wie vor zu starr und unausgewogen, da Kriterien wie die Anzahl der Familienmitglieder weiterhin nicht berücksichtigt werden. Die Forderung, das System ausgewogener zu gestalten und damit den Bedürfnissen der Bürger Rechnung zu tragen, bleibt somit weiterhin aufrecht.
Zahnkorrekturen bei Kindern
Der ASGB hat erst Ende Oktober, anlässlich dem von der Zahnärztekommission vorgebrachten Vorschlag, verpflichtende Zahnarztkontrollen vorzuschreiben, den der ASGB übrigens begrüßt hat, zum wiederholten Male gefordert, dass auch die Familien, deren Kinder eine Zahnspange zur Korrektur der Zahnstellung tragen, entlastet werden müssen. Diese Maßnahme sollte gemeinsam mit der von der Zahnärztekommission hinterlegten Forderungen diskutiert werden. Zusätzlich muss der geplante Landesgesundheitsfonds im öffentlichen wie im privaten Sektor für die Arbeitnehmer und deren Familien zügig realisiert werden. So gesehen ist die Forderung vom letzten Bundeskongress zwar nicht als erfüllt zu betrachten, es scheint sich aber etwas zu bewegen, das uns veranlasst das Thema weiterhin mit Vehemenz voranzutreiben.
Erhöhung des Freibetrages
Dieses Anliegen des ASGB ist deshalb so wichtig, weil die Einkommensgrenze für zu Lasten lebende Familienmitglieder derart tief angesetzt ist, dass sie bei Sommerjobs und Stipendien letztendlich sofort überschritten wird. Die politischen Vertreter im römischen Parlament sind deshalb weiterhin gefordert diesbezüglich zu intervenieren um eine Erhöhung der Einkommensgrenze für zu Lasten lebende Familienmitglieder zu erwirken.
Vereinbarkeit Familie und Beruf
Der ASGB hat im Jahr 2015 eine Umfrage zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf durchgeführt. Die Resultate der Umfrage lässt ganz eindeutig den Schluss zu, dass durchaus noch genügend Luft nach oben ist, um den Bedürfnissen der Familien gerecht zu werden. Aus unserer Umfrage ist ganz klar ersichtlich, welche Verbesserungen sich die Familien wünschen. Der Schritt, den wir jetzt mit der Plattform „Zukunft Forum Kind“ unternommen haben, soll eine für alle Beteiligten tragbare Lösung bringen (siehe dazu eigenen Artikel auf Seite 19)
4. Gesundheit, Soziales und Wohnbau
Im Gesundheitsressort hat sich seit dem Kongress 2014 ausgesprochen viel geändert. Mit dem Einsetzen von Thomas Schael als Generaldirektor hat sich das öffentliche Gesundheitswesen Südtirols sukzessive hin zu einem profitorientierten Unternehmen gewandelt, an dessen Stelle das Kapital und nicht mehr der Patient Priorität genießt. Wir haben von allem Anfang an vor dieser Entwicklung gewarnt.
Personal
Die Personalsituation im Sanitätsbereich ist immer noch nicht zum Besten. Viele Bereiche sind personell unterbesetzt. Auslagerungen von Diensten und Privatisierungen wurden nicht zurückgenommen. Kurzum: Es herrscht weiterhin eine Baustelle, die schleunigst aufgeräumt werden muss. Somit wurde unsere Forderung aus dem Jahr 2014 nicht erfüllt. Es ist nicht gelungen, Ruhe in den Gesundheitsbereich zu bringen, das spüren Beschäftigte und Patienten.
Bausparen
Das Bausparen ist eines der größten und wichtigsten Erfolgsmodelle, das wir in den letzten zwei Jahren zu verkünden hatten. Im großen und ganzen wurden alle unsere Forderungen erfüllt. Für die Zukunft hoffen wir, dass dieses Projekt großen Zuspruch erfährt.
5. Energie
Die Fusion der Energiebetriebe SEL und Etschwerke war im Jahr 2014 noch nicht abzusehen. Dementsprechend ergeben sich seitdem natürlich ganz neue Aspekte. Das größte Problem aus Arbeitnehmersicht ist der Umstand, wie man zu Gunsten aller Angestellten das Problem der bisher verschiedenen Arbeitszeiten lösen kann. Der ASGB befürwortet diesbezüglich, nach Rücksprache mit den Bediensteten, ganz klar die Variante, die die Etschwerke ursprünglich hatten, mit dem familienfreundlichen freien Freitagnachmittag. Der neue Südtiroler Stromkonzern Alperia, der aus der Fusion zwischen SEL und ­Etschwerke hervorging, hat laut ASGB auch die moralische Pficht, Lehrlinge auszubilden. Diese Aufforderung wurde im Sommer bereits deponiert.
Kraftwerkkonzessionen
Mit der Übernahme der Beteiligungen von neun Großkraftwerken von Edison hat die Landesenergiegesellschaft Alperia für Sicherheiten für Mitarbeiter gesorgt, die 2014 so noch nicht vorauszusehen waren. Damit können wir eine wichtige Forderung abhaken.
6. Jugend
Duale Ausbildung
Das Lehrlingswesen in Südtirol hat nach wie von einen äußerst wichtigen Ausbildungscharakter. Deshalb fordern wir nach wie vor dessen Stärkung. In der Zwischenzeit hat das Land Südtirol jedoch, mit der Einführung der Berufsmatura, einen wichtigen Meilenstein zur Aufwertung der dualen Ausbildung gesetzt. Dies ist auch unseren Interventionen und unserem Engagement diesbezüglich mitzuverdanken.
Schul- und Lehrabbrüche
Das Thema der Schul- und Lehrabbrüche ist nach wie vor aktuell. Seit 2014 hat es jedoch Treffen zwischen den Sozialpartnern gegeben, wobei genau dieses Problem ausführlich diskutiert wurde. Alle Seiten haben das Problem als eklatantes erkannt und man war sich einig gemeinsam Maßnahmen zur Bewältigung desselben zu setzen. Wir sind optimistisch, dass die Abbrüche in den nächsten Jahren reduziert werden.
Bewerbungstraining in Berufs- und Oberschulen
Diesbezüglich hat sich seit 2014 nicht viel geändert. Obwohl wir kontinuierlich auf die Wichtigkeit eines schulisch verpflichtenden Bewerbungstrainings aufmerksam machen, wurde unsere Forderung bis dato nicht umgesetzt.

Aktuell

Der ASGB unterstützt die Forderung
der Verbraucherzentrale Südtirol nach Gratisstrom

Der ASGB teilt vollinhaltlich die Forderung der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) nach 300 kWh Gratisstrom jährlich für alle Bürger.

„Aktueller denn je ist die Forderung der VZS nach Gratisstrom für die Bürger. Dass Art. 13 des Autonomiestatutes ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht durch Landesgesetz Verbrauchergruppen festzusetzen, die Nutznießer des Gratisstroms der Konzessionsinhaber an die Provinz sein können, unterstreicht, dass die Forderung der Verbraucherzentrale legitim ist. Es ist hinlänglich bekannt, dass auch in Südtirol viele Haushalte Probleme haben, über die Runden zu kommen. Der Gratisstrom wäre mit Sicherheit eine erhebliche Entlastung für die Verbraucher.“, ist der Vorsitzende des ASGB Tony Tschenett überzeugt.
Tschenett führt weiter aus, dass „zukünftig mit erhöhten Strompreisen zu rechnen sein wird, die hauptsächlich die Geringverbraucher und Stromsparer treffen werden, also genau jene Schicht, die aus finanziellen oder ökologischen Gründen sparsam mit den Ressourcen umgehen. Deshalb richtet der ASGB ganz klar die Forderung an das Land, den Vorschlag der Verbraucherzentrale zu prüfen und den Gratisstrom an die Verbraucher weiterzugeben. Unerklärlich ist in diesem Kontext die Tatsache, dass Florian Zerzer, Leiter der Arbeitsgruppe für Gratisstrom, davon spricht, den Gratisstrom an wenige Großabnehmer zu verteilen. Dies widerspricht absolut unserem Verständnis von gerechter Vergabe. Nutznießer müssen in erster Linie die Privathaushalte sein – diese Forderung richten wir absolut unmissverständlich an die Politik.“