Aktuell
im Interview mit manuel Kostner

Warum die Theorie in der dualen Ausbildung so wichtig ist!

Aktiv: Manuel, erst kürzlich wurde ein Werbeplakat für das Handwerk veröffentlicht, welches nahelegt, dass der Schulbesuch zweitrangige Bedeutung hätte. Du bist von Beruf Landschaftsgärtner und hast dich klar öffentlich gegen diese Werbemaßnahme positioniert. Was hat dich dazu veranlasst?
Manuel: Besonders die Schlagwörter „Schulbank“, „Theorie“ und „auswendig lernen“ in Kombination mit „oder lieber eine Karriere im Handwerk? Klingelts?“ irritierten und überraschten mich, war ich bis jetzt doch sehr angetan von der Öffentlichkeitsarbeit der GenerationH. Die Theorie ist Grundlage des Handwerks, es ist sozusagen „Altherrenwissen“. Wenn ich mir dieses Wissen nicht theoretisch in der Schule aneigne, werden mir später in der Praxis keine Grundlagen zur Verfügung stehen, auf die ich schnell aufbauen kann. Ich muss mein Arbeitsmaterial gut kennen, dessen Entwicklung als junger Handwerker gut abschätzen können, um in Diskussionen mit Kunden oder Bauleitung zu bestehen, bzw. um diese gut zu beraten. Hier ist ein fundiertes theoretisches Wissen unabdingbar. Der Jugend das Gegenteil zu suggerieren finde ich falsch.
Aktiv: In Südtirol wurde – auch auf Drängen des Handwerkerverbandes – für einige Berufsbilder die Berufsmatura eingeführt und die Ausbildungsjahre verlängert. Wir werden im restlichen Italien wegen unseres dualen Ausbildungssystems beneidet. Wie erklärst du dir die plötzliche Schlechtwetterstimmung gegen den Schulbesuch?
Manuel: Die Möglichkeit der Berufsmatura begrüße ich und finde, sie ist eine gute Ergänzung des dualen Bildungssystems. Es freut mich, dass Südtirol hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Der Meister steht für mich dennoch an erster Stelle. Dass manche Lehrherren lieber weniger als mehr Schule hätten ist hinlänglich bekannt und hat auch in meinem Handwerk zu Verkürzungen von 11 auf 9 Schulwochen geführt. Aus meiner Sicht ein falscher Schritt, würde man als Betrieb eine nachhaltige Ausbildung favorisieren und auch die Übernahme des Lehrlings als Gesellen anstreben. Ich bezweifle jedoch, dass die GenerationH die Schule als solche schlechtreden wollte. Nur enthielt das Plakat Schlagwörter die suggerieren, die Schule würde nicht benötigt. Man kann sich als Werber jedoch nicht darauf verlassen, was man gerne vermitteln möchte und wie der Betrachter etwas zu verstehen hat, sondern muss sich als Werber die Frage stellen, wie man empfunden wird. Da hat die GenerationH den Fehler gemacht. Mich wundert, dass die GenerationH dieses Klischee vom „dummen Handwerker“, den es wohl nie gab, so leichtfertig bestärkt. So werden „helle Köpfe“ in dieser Gesellschaft erst gar nicht ins Handwerk geschickt und sie schaffen es dies auch noch zu fördern.
Aktiv: Du befürchtest, dass dieses Plakat dazu dient, das überholte Klischee des ungebildeten Handwerkers zu untermauern?
Manuel: Ja, auch wenn die GenerationH dies nicht wollte und später auch klarstellte. Jedoch geht es hier nicht um das, was sie ausdrücken wollten, sondern wie sie verstanden wurden -und das war bei diesen klischeehaften Schlagwörtern schier nicht anders möglich als negativ. Dies hinterließ bei mir und zahlreichen anderen einen bitteren Beigeschmack. Für mich als Praktiker, sind Theorie und Praxis untrennbar verwoben, absolut gleichwertig, deshalb dual!
Aktiv: Du bewirbst massiv das sogenannte „lifelong-learning“, also lebenslange Weiter- und Fortbildungen, um im Beruf weiterzukommen. Was rätst du persönlich jedem Lehrling, der nicht stehen bleiben will?
Manuel: Ich habe nach der Lehre die Berufs-WM in Calgary bestritten. Hierfür ein kurzer Dank an den LVH und das Land, die mir dies ermöglichten. Anschließend habe ich den theoretischen Teil der Meisterausbildung in der Laimburg absolviert. Nach mehreren Auslandsjahren in Deutschland und in der Schweiz holte ich die Matura in der Oberschule für Landwirtschaft in Auer nach und habe mich anschließend im Landschaftsgartenbau weitergebildet. Besonders habe ich mich in der Baumpflege spezialisiert. Wie man sieht, bin ich nie stehen geblieben, sondern habe mich immer weitergebildet. Was ich den Jungen rate? Ganz einfach: „Was man kann, trägt man leicht“. Wer sich aus Freude am Beruf weiterbildet, muss sich später nicht von Theoretikern herumkommandieren lassen, behält immer Oberwasser - ein entscheidender Vorteil!
Aktiv: Danke für das Interview!

Aktuell
ASGB

Widersprüchliche Plakataktion des LVH!

Der ASGB hat unlängst harsche Kritik an den LVH und dessen Kampagne „Generation H“ geübt. Auslöser der Kritik ist die Veröffentlichung eines Plakates, in welchem massiv für das Handwerk geworben wird und der theoretische Unterricht ins Lächerliche gezogen wird.
Ein Sammelsurium von auf die Schule bezogenen Wörtern, wie „auswendig lernen, unflexibel, Langeweile, wenig Taschengeld, abhängig, rumsitzen, Theorie“ bezweckt, den Jugendlichen zu suggerieren, die Schule wäre nicht wichtig. Dabei ist es der LVH selbst gewesen, der zusammen mit dem Bildungsressort mit Vehemenz darauf gepocht hat, für viele Lehrberufe ein zusätzliches Lehrjahr einzuführen. Auch die Realisierung der Berufsmatura ist ein lang gehegter Wunsch der Handwerker gewesen, um dem Stigmata das Handwerk wäre eine Einbahnstraße, gegenzuwirken. Diese Plakataktion ist vor diesem Hintergrund nicht nur widersprüchlich, sondern grenzt an Schizophrenie.
Die herausragenden Leistungen unserer Handwerker bei den Berufsweltmeisterschaften sind mindestens genauso auf die schulische Betreuung zurückzuführen, wie auf die praktische Ausbildung in den Betrieben. Die zuständigen Lehrkräfte bereiten die Lehrlinge mit Akribie auf die Meisterschaften vor. Dies sollte auch dem LVH bekannt sein, der nur allzu gerne die Ergebnisse der Lehrlinge medienwirksam verkauft. Auch die Anstrengungen und Mühen der Lehrpersonen, die Jugendlichen bestmöglich auf ihre Zukunft vorzubereiten, werden mit einer solchen Aktion nicht geachtet. Außerdem wertet das Plakat die klassischen Oberschüler gegenüber den Lehrlingen ab. Es ist aber nicht akzeptabel, dass verschiedene Ausbildungswege gegeneinander ausgespielt werden.