Kommentar

Gedanken zum Jahresende

Liebe Mitglieder des ASGB,
ein ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Die Wirtschaftsverbände jubeln, weil das Jahr 2017 für die Wirtschaft das positivste seit Jahren war und die Prognosen für 2018 lassen darauf schließen, dass die Konjunkturphase weitergeht.
Während die Betriebe den Rahm abschöpfen und in eine positive Zukunft sehen, schaut es für uns Arbeitnehmer düsterer aus. Laut Landesstatistikamt ASTAT ist die Inflation im Vergleichsjahr Oktober 2016 bis Oktober 2017 um 1,6 Prozent gestiegen. Die Gehälter haben sich in dieser Periode nur unwesentlich geändert und der Kaufkraftverlust macht den meisten zu schaffen. Deshalb muss in erster Linie der Abschluss von Betriebsabkommen und territorialen Zusatzabkommen verstärkt in Gang gebracht werden. Die politischen Entscheidungsträger könnten dies insofern unterstützen, als dass die IRAP-Senkung nur noch Betrieben genehmigt wird, die solcherart Abkommen abschließen. Auch die Abschaffung der regionalen Zusatzsteuer IRPEF oder zumindest die Anhebung des Freibetrages derselben könnte für eine wichtige Entlastung für Arbeitnehmer und Pensionisten sorgen, die immerhin die Hauptsteuerlast zu schultern haben. Analog dazu, sollten auch die Gemeinden, die noch den kommunalen IRPEF-Zuschlag einheben, zukünftig davon absehen. Diesbezüglich haben wir auch mittels Schreiben bereits interveniert.
Äußerst positiv aus unserer Sicht ist der Umstand, dass es gelungen ist, mittels Durchführungsbestimmung das öffentliche Auftragswesen wieder als Landeskompetenz zu erhalten. Nun gilt es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, das öffentliche Auftragswesen so zu gestalten, dass einheimische Betriebe verstärkt zum Zug kommen und Qualitätskriterien wie z.B. Mitarbeiterschutz festgeschrieben werden.
Ich darf mich bei euch Mitgliedern im letzten Aktiv-Kommentar dieses Jahres für eure Treue bedanken, die uns zu dem macht, das wir sind: eine einflussreiche Gewerkschaft, die sich für die deutschsprachigen und ladinischen Arbeitnehmer in Südtirol einsetzt!
In diesem Sinne wünsche ich euch eine besinnliche Vorweihnachtszeit, frohe Weihnachten und ein gesegnetes und gesundes Jahr 2018!
euer
Tony Tschenett,
Vorsitzender des ASGB

Aktuell

Gehälter den Lebenshaltungskosten anpassen

Die am 24. Oktober 2017 vom Landesstatistikamt ASTAT veröffentlichte Analyse zu Arbeitnehmern und Entlohnungen in der Privatwirtschaft in den Jahren 2010 bis 2015 hat längst Vermutetes zu Tage geführt: nämlich, dass die Löhne in dieser Zeit an Kaufkraft eingebüßt haben.
Tony Tschenett, verweist auch auf die äußerst beunruhigende Tatsache, dass die Erwerbstätigen im Vergleich in diesen Jahren immer älter geworden sind. Obwohl ein Gesamt-Plus der Beschäftigten von über zwei Prozent in der untersuchten Periode zu verzeichnen ist, sind die Beschäftigtenzahlen der bis 40-jährigen durchwegs rückläufig. Der ASGB nimmt einerseits mit Freude zur Kenntnis, dass es ein Gesamt-Plus der Erwerbstätigen gegeben hat, stellt gleichzeitig aber klar, bereits mehrmals auf die Problematik der immer älter werdenden Arbeitnehmer hingewiesen zu haben und in diesem Zusammenhang eine ernste Auseinandersetzung der Politik und Wirtschaftsverbände mit dieser Problematik zu vermissen. Der Generationenvertrag zum Beispiel war bisher bloß ein leeres Wahlversprechen, welches aber die obengenannte Ursache effizient bekämpfen könnte.
Besorgnis erregend ist in erster Linie der Kaufkraftschwund von zwei Prozent in diesem Fünfjahreszeitraum. Die Annahme, dass die Einkommen – langsam aber stetig – an Wert verlieren, hatte der ASGB schon lange. Diese Daten nun schwarz auf weiß vor Augen zu haben, ist insofern wichtig, als dass man Fakten in den Händen hält, aufgrund derer man Maßnahmen ergreifen muss. Auch der Umstand, dass die Lohnschere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderdriftet, gibt Anlass zur Beunruhigung. Das Risiko, den Konsummotor Mittelstand langfristig zu verlieren, kann sich Südtirols Wirtschaft nicht leisten. Diese Tatsache muss in erster Linie den Wirtschaftsverbänden wie auch den politischen Akteuren einleuchten.
Der ASGB wartet auch bereits mit Vorschlägen auf, wie man unbürokratisch und rasch eine Entlastung für die Lohnabhängigen herbeiführen könnte: Viele größere Industriebetriebe haben mit ihrer Belegschaft bereits Betriebsabkommen ausgehandelt. Unterm Strich lässt sich feststellen, dass die Erwerbstätigen mehrheitlich davon profitieren und im Vergleich zu ihren Kollegen ohne Betriebsabkommen weitaus besser dastehen. Deshalb sind Betriebe mit Betriebsabkommen auch besonders zu fördern. Nun gibt es aber auch viele Kleinbetriebe – unter anderem in den Sektoren Handel und Handwerk – in denen es nicht möglich ist, Betriebsabkommen abzuschließen. Der ASGB hat – um die Mitarbeiter dieser Betriebe mit jenen mit Betriebsabkommen gleichzustellen - immer dafür plädiert, Landeszusatzverträge abzuschließen. Dies wäre ein probates Mittel, dem Kaufkraftschwund entgegenzuwirken und die Einkommen in der Privatwirtschaft zu stärken. Weiters sollten die Betriebe, die in der Wirtschaftskrise eingeführte und bis heute nicht zurückgenommene IRAP-Senkung, in Zeiten steigender Konjunktur in einem prozentuell angemessenen Rahmen mit den Angestellten und Arbeitern teilen. Die Höhe sollten die Sozialpartner gemeinsam festlegen.