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Georg Pardeller
Gefährliches Spiel
Der ASGB gilt als überparteiliche Arbeiterorganisation. Wir haben Mitglieder aus allen politischen (deutschen und ladinischen) Lagern. Deshalb vermeiden wir es tunlichst, politische Polemiken zu entfachen. Wir gehen davon aus, dass alle Parteien der Südtiroler die Grundanliegen des ASGB vertreten und verteidigen. Gegenwärtig wäre diese Schützenhilfe von politischer Seite umso notwendiger, als es mit Löhnen und Gehältern, mit Kaufkraft und Sicherheit der Arbeit alles eher als gut aussieht. Nun hat vor kurzem die Union für Südtirol eine generelle Attacke gegen die Gewerkschaften von Stapel gelassen, die wir als groben Angriff auf die Gewerkschaften und auf die soziale Grundausrichtung der Gesellschaft bezeichnen müssen. Die Union sagt, dass die Gewerkschaften total versagt hätten, und fordern die Arbeiterschaft auf, keine Gewerkschaftsbeiträge mehr zu bezahlen. Das können wir nicht stillschweigend hinnehmen. Wenn jemand in der schwierigen sozialpolitischen Situation, wie sie sich heute darstellt, versagt hat, dann sind es auch politische Gruppierungen, die sich nie um die Anliegen der Arbeiterschaft gekümmert haben und jetzt plötzlich soziale Themen entdecken. Sie tun dies wohl im Hinblick auf die kommenden Wahlen. Das ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Die Aussagen des Unions-Vorsitzenden Andreas Pöder lassen einen radikalen Ton erkennen. Seine Aufforderung an die Arbeiterschaft, keine Gewerkschaftsbeiträge mehr zu bezahlen, klingt undemokratisch. Sie wäre zu vergleichen mit einer Aufforderung an die Wählerschaft, die Union für Südtirol nicht zu wählen. Die Union für Südtirol hat offenbar die Regeln der Demokratie vergessen und das ist sehr bedauerlich.
Wir wollen die Polemik nicht auf die Spitze treiben, sondern zu verstehen geben, dass die Arbeiterschaft heute sensibler denn je ist, wenn es um ihre Rechte geht. Wer grundsätzlich gegen die Gewerkschaften ist, der ist auch gegen die soziale Gerechtigkeit, denn ohne organisierte Arbeiterschaft gibt es keine soziale Gerechtigkeit. Das hat die Geschichte oft genug gezeigt. Jeder soll die Freiheit und den Freiraum haben, seine Rolle zu spielen: Die politischen Parteien gleich wie die Gewerkschaften. Aber keiner soll diesen Freiraum zum Schaden des anderen missbrauchen.
Georg Pardeller
Vorsitzender des ASGB