ASGB-Rentner

Bericht aus dem Sekretariat

Auch der zweite Lockdown hat gezeigt, dass sich die Digitalisierung bewährt hat. Nicht nur die alltäglich anfallende Büroarbeit musste wieder in Form von home-working getätigt werden, sondern sämtliche Besprechungen, Verhandlungen und Absprachen mit anderen Gewerkschaftsvertretern, Politikern und Sozialpartnern wurden in Video-Konferenzen organisiert.
v.l.n.r. Marta Mulser, Hildegard Seeber und Stephan Vieeider vom Rentnerbüro
Dabei wurde über die verschiedensten Themen gesprochen, verhandelt, Meinungen ausgetauscht und Überlegungen eingebracht. Die ständig neue Entwicklung der Corona-Lage stellte alle vor große Herausforderungen. Zur Zeit ist die Auswirkung der Impfverweigerung der Beschäftigen im Sozial- und Sanitätssektor Mittelpunktthema.
Die ASGB-Rentner haben bereits in ihrer Presseaussendung vom 17. Jänner 2021 die Impfbereitschaft als Ausdruck der Solidarität und des Verantwortungsbewusstseins erklärt. Gleichzeitig wurde eine gezielte und einfach verständliche Aufklärungskampagne gefordert, um Zweifel und Vorbehalte abzubauen.
Nun zeichnet sich aber ab, dass dennoch einige Angestellte in Sanität und Pflege aus verschiedensten Gründen sich nicht impfen lassen wollen oder können. Dadurch ergeben sich notgedrungen gefährliche Engpässe in der ärztlichen und pflegerischen Versorgung, da nicht geimpftes Personal entweder in andere Bereiche abwandert oder zeitweilig suspendiert wird. Die Abwanderung nicht geimpfter Bediensteter in die häusliche Pflege gibt ebenfalls Anlass zur Sorge.
Die ASGB-Rentner haben zusammen mit den konföderierten Rentnergewerkschaften in ihrer Presseaussendung vom 25. Mai 2021 ihre große Besorgnis darüber kundgetan. Ihrer Ansicht nach bekommen vor allem die älteren Menschen, Pflegebedürftige und ihre Familien die Auswirkung der Impfverweigerung zu spüren.
Aufgrund des großen Pflegenotstandes zeichnet sich eine dramatische Situation ab: Weil das nötige Personal fehlt, werden die Aufnahmen in Heimen blockiert, pflegebedürftige Patienten, die aus den Krankenhäusern entlassen werden, können nicht aufgenommen werden und müssen zu Hause versorgt werden. Dort sind in den meisten Fällen weder die Räumlichkeiten vorhanden, noch kann für die nötige Pflege und Betreuung gesorgt werden, weil das entsprechend ausgebildete Personal fehlt.
In diesem Zusammenhang muss aber klar gestellt werden, dass nicht erst Corona und die fehlende Impfbereitschaft diesen Notstand herbeigeführt haben.
Bereits im Vorfeld haben die Rentnergewerkschaften des öfteren mit Nachdruck auf den personellen Notstand in der ärztlichen und pflegerischen Betreuung hingewiesen und gefordert, diesem Missstand zu beheben. Die Politik hat zu spät erkannt, dass der Personalschlüssel in Sanität und Pflege zu eng bemessen ist. Deshalb werden wir nicht müde, die zuständigen Politiker aufzufordern, die Verantwortung zu übernehmen und alles in die Wege zu leiten, um diese Missstände zu beheben. Berufsbegleitende Umschulungen, die jetzt geplant sind, sind deshalb nur zu begrüßen. Es ist aber vor allem wichtig, klare Berufsbilder zu schaffen, für eine gute Ausbildung zu sorgen und annehmbare Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Die Wertschätzung des Berufsstandes muss aber auch durch entsprechende Honorierung zum Ausdruck gebracht werden.
Denn mangelnde Wertschätzung und ungerechte Honorierung haben bereits in der Zeit vor Corona dazu beigetragen, dass viele Angestellte in andere Bereiche abgewandert sind und der Pflegeberuf an Attraktion verloren hat. Außerdem muss die Wohnungsnot behoben und für ausreichend leistbare Wohnungen für das Pflegepersonal gesorgt werden. Vor allem im städtischen Bereich ist die Wohnungsnot groß. Arbeiter und Angestellte tun sich schwer in der Nähe des Arbeitsplatzes eine leistbare Wohnung zu finden.

ASGB-Rentner

Verteilungspolitische Herausforderungen durch die Pandemie

Das Präsidium der ASGB-Rentner hat sich kürzlich zu einer Sitzung getroffen. Dabei haben sich die Mitglieder mit den vielfältigen Folgen der Pandemie auseinandergesetzt. Diese hat sich auf Gesellschaft, Wirtschaft, das Sozial- und Gesundheitswesen, sowie auf Bildung und Kultur ausgewirkt.
Bisherige Konzepte sind aus den Fugen geraten. Vielen von uns ist bewusst geworden, dass alles, was wir für sicher und für selbstverständlich gehalten haben, sich sehr wohl verändern und auch abhanden kommen kann. Die Pandemie hat auch gezeigt, wie stark die soziale Herkunft die persönliche Bewältigung der Krise beeinflusst. Diese Krise hat die Ungleichheit sehr deutlich verstärkt. Ärmere Menschen leiden am stärksten unter der Pandemie, z.B. durch Arbeitsplatzverlust oder zu niedrigem Lohnausgleich, beengte Wohnverhältnisse, schlechte digitale Ausstattung und Bildungsarmut. Deshalb ist zu hoffen, dass diese Erfahrungen für alle eine bleibende Lehre sind und dass wir uns aufraffen, in allen Bereichen vorzusorgen und neue tragfähige Schienen für die Zukunft zu legen.
Die Rentnergewerkschaften machen sich vor allem Sorgen für die nachfolgenden Generationen. Sie sorgen sich für das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen ihrer Kinder und Enkel und sie machen sich auch Sorgen darüber, ob das Gesundheitswesen und die Altersversorgung auch weiterhin leistungsfähig bleiben. Für unsere Enkel ist das Bildungssystem von größter Bedeutung. Von ihm hängt weitgehend die Chancengleichheit ab. Das heißt für jetzt und morgen sind gezielte Investitionen in Bildung, Kinderbetreuung, digitale Ausstattung der Schule und der Familien notwendig. Besonders wichtig ist auch eine bessere und sichere Unterstützung für den Fall von Arbeitslosigkeit. Diese darf nicht in die Armut führen.
Die Pandemie hat die Schwachstellen unseres Gesundheitssystems und der Seniorenheime dramatisch verdeutlicht. Nicht, dass wir nicht viele hervorragende Ärzte und Pfleger und andere Berufe hätten, sondern dass wir insgesamt viel zu wenige haben. Dieser Personalnotstand herrscht schon seit langem. Die Sparmaßnahmen in diesem Bereich rächen sich nun. Die Folge ist ein riesiger Druck auf die bestehenden Mitarbeiter, der eigentlich allen arbeitsrechtlichen Bestimmungen widerspricht. Wenn Impfgegner die Suspendierung in Kauf nehmen, dann tun dies manche auch, damit sie dem unerträglichen Stress für eine Zeit entfliehen können. Diese Situation ist keine Werbung für soziale Berufe. Hier muss gewaltig nachgebessert werden. Die Berufe im Gesundheitswesen und im Sozialbereich müssen aufgewertet werden, vor allem durch Schaffung guter Arbeitsbedingungen, mit klar definierten Berufsbildern, aber auch mit einer entsprechenden Entlohnung. Die Gehälter müssen angepasst und branchenwettbewerbsfähig sein: Warum etwa verlassen Ärzte und Pfleger Südtirol und tun sich schwer zurückzukommen?
Die Pandemie hat auch positive Seiten unserer Gesellschaft spüren lassen. Die Nachbarschaftshilfe hat funktioniert, das Volontariat hat großen Zulauf erhalten und die junge Generation hat Verständnis gezeigt, wenn die ältere Generation und die Risikogruppen prioritär geimpft wurden.
Jetzt geht es um die Gestaltung der gemeinsamen Zukunft. Der Recovery-Fonds bietet große Chancen. Wir sind dafür, dass die Wirtschaft mit nützlichen Aufträgen gefördert wird. Wir sind dafür, dass Reformen im Bildungs- und im Umweltbereich durchgezogen werden. Wir wollen aber auch, dass die Baustellen im Gesundheits- und im Sozialwesen ebenso entschieden in Angriff genommen werden, wir wollen Gerechtigkeit und Transparenz erleben. Gerade diese Aspekte werden das verlorene Vertrauen in die Politik zurückbringen. Soziale Gerechtigkeit muss der Leitfaden für die politischen Entscheidungen sein. Dazu gehört auch zu entscheiden, wer die Zeche für diese Krise zahlt. Sozial­ausgaben zu kürzen oder Verbrauchssteuern zu erhöhen, sind keine Option. Denen, die ohnehin wenig haben, die finanziellen Lasten aufzubürden, wäre zutiefst ungerecht.