AFI - GUIDELINE

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Rechte & Pflichten der Arbeitnehmer |

Form der Arbeitsverträge
Der Arbeitsvertrag kann grundsätzlich schriftlich oder mündlich zustande kommen. Wird der Arbeitsvertrag mündlich abgeschlossen, so hat der Arbeitgeber die Pflicht, dem Arbeitnehmer den Arbeitsort und die Arbeitszeit, den Beginn und die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Einstufung und die Entlohnung sowie den angewandten Kollektivvertrag mitzuteilen. Befristete Arbeitsverträge müssen immer schriftlich vereinbart werden, da sie ansonsten als unbefristet gelten. Gleiches gilt für fast alle Sonderformen der Arbeitsverhältnisse, die nicht unbefristet sind oder verkürzte Arbeitszeiten vorsehen.
Info
Auch Arbeitsverträge, die annulliert oder sogar für nichtig erklärt werden, sind für die gesamte Dauer der Arbeitsleistung gültig.
Beispiel
Markus hat sechs Monate als Fliesenleger bei der Firma Schwarz gearbeitet. Als er feststellt, dass er nicht angemeldet ist, teilt er dem Arbeitgeber mit, dass er nicht länger bereit ist, schwarz zu arbeiten. Er wird fristlos entlassen und sein Arbeitgeber weigert sich, ihm den letzten Monatslohn auszuzahlen. Daraufhin wendet sich Markus an eine Gewerkschaft und erstattet Anzeige gegen den Arbeitgeber. Die Firma Schwarz wird verurteilt und muss ihm neben dem noch ausständigen Lohn alle zustehenden Lohnelemente (Anteil des 13. Monatsgehalts, nicht genossener Urlaub, Überstunden…) bezahlen und die Sozialversicherungsbeiträge für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses entrichten. Weiter könnte Markus sogar die Entlassung anfechten, da diese mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gerechtfertigt ist.
Arbeit zwischen Regulierung und De-Regulierung
„Die arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen verdienen
in Südtirol im Durchschnitt 17.169 € pro Jahr.
90 % von ihnen arbeiten für einen einzigen Auftraggeber.
Die Hälfte der Projektmitarbeiter hat keine sonstige Rentenversicherung.“
© AFI 2012
Die Globalisierung und der vermehrte Einsatz von Kommunikationstechnologien haben alte Berufsbilder abgeschafft oder verändert und neue entstehen lassen. Das herkömmlich sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis, wie wir es kennen, wird zunehmend durch flexiblere Erwerbsformen ersetzt. All diese Veränderungen stellen den Staat und unser Sozialversicherungssystem vor neue und komplexe Aufgaben und verlangen von den Erwerbstätigen, dass sie sich diesen Herausforderungen stellen.
Neben dem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis, das alle gesetzlichen und kollektivvertraglichen Rechte des Arbeitnehmers gewährleistet, gibt es zahlreiche andere Vertragsarten.
Übersicht über die wichtigsten Arbeitsvertragsformen in Italien
Vertragsart Merkmale
Unbefristeter
Arbeitsvertrag
Der unbefristete Arbeitsvertrag wird in Italien per Gesetz als der reguläre Arbeitsvertrag bezeichnet. Das Arbeitsverhältnis hat keinen begrenzten Zeitraum und wird einseitig durch eine Kündigung vom Arbeitnehmer oder in sehr schwerwiegenden Fällen durch eine Entlassung von Seiten des Arbeitgebers aufgelöst.
Arbeit auf Abruf Der Arbeitnehmer stellt sich für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum dem Arbeitgeber zur Verfügung. Der Zeitpunkt des Einsatzes muss fristgerecht angekündigt werden.
Näheres dazu unter: www.wikilabour.it/Lavoro%20intermittente.ashx
Arbeitsplatzteilung
(job sharing)
Dieser Arbeitsvertrag wird zwischen einem Arbeitgeber und zwei Arbeitnehmern abgeschlossen, die sich denselben Arbeitsplatz teilen und sich solidarisch verpflichten die volle Arbeitsleistung zu erbringen.
Näheres dazu unter: www.wikilabour.it/Lavoro%20ripartito.ashx
Befristeter
Arbeitsvertrag ohne
Begründung
Der Vertrag muss schriftlich abgeschlossen werden und wird nach Ablauf der Befristung ohne Kündigung aufgelöst. Die Höchstdauer beträgt bis zu 36 Monate. Ein befristeter Arbeitsvertrag kann innerhalb der 36 Monate maximal fünf Mal verlängert werden. Vor dem Juli 2014 (Jobs Act I) musste der befristete Arbeitsvertrag begründet sein und konnte nur einmal verlängert werden.
Zwischen den befristeten Verträgen muss es Unterbrechungen geben.
(GvD Nr. 81 von 2015)
Näheres unter: www.wikilabour.it/Contratto%20a%20termine.ashx
Geringfügige Beschäftigung („Voucher“) Solche Scheine können zur Vergütung von Gelegenheitsarbeiten genutzt werden.
Näheres dazu unter:
www.wikilabour.it/Voucher.ashx
Lehre zum Erwerb einer
Qualifikation und eines
Berufsbildungsdiploms
(der bereits bekannte
Lehrvertrag)
Sie betrifft Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Der Abschluss eines Lehrvertrags und der Besuch der Berufsschule führen zur Erfüllung der Bildungspflicht. Die Dauer des Lehrvertrags darf drei Jahre für die berufliche Qualifikation bzw. vier Jahre für das Berufsbildungsdiplom nicht überschreiten. Die Lehrberufe werden von den Regionen festgelegt (in unserem Fall von der Autonomen Provinz Bozen - Südtirol). Auf Kollektivvertragsebene wird festgelegt, welche Inhalte vermittelt werden und welche Einrichtungen damit betraut werden.
(GvD Nr. 167 vom 14.10.11 und nachfolgende Änderungen)
Berufsspezialisierende
Lehre
Zielgruppe sind Jugendliche im Alter zwischen 18 und 29 Jahren, welche die Bildungspflicht erfüllt haben. Die Dauer kann für Handwerksberufe höchstens fünf Jahre betragen. Für alle anderen Lehrberufe beträgt die Höchstdauer drei Jahre. Die Berufsbilder, die Inhalte und die befähigten Ausbildungseinrichtungen werden von den Kollektivverträgen festgelegt. Auch Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter können diesen Lehrvertrag abschließen, sofern dies von den Kollektivverträgen geregelt ist.
(GvD Nr. 167 vom 14.10.11 und nachfolgende Änderungen)
Lehre zur höheren Bildung und Forschung Private wie öffentliche Arbeitgeber können diese Art
von Lehrvertrag mit Jugendlichen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren
für die folgenden Zielsetzungen abschließen:
Forschungstätigkeit
Oberschulabschluss
Universitätsabschluss
höhere technische Bildung
Praktikum für die Eintragung in eine Berufskammer
Berufserfahrung.
(GvD Nr. 167 vom 14.10.11 und nachfolgende Änderungen)
Ausbildungs- und
Orientierungspraktikum
Das Ausbildungs- und Orientierungspraktikum bietet Schülern (ab 15) und Universitätsstudenten die Möglichkeit, Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln. Es handelt sich dabei um kein Arbeitsverhältnis. Die Mindestdauer beträgt 2 Wochen, die Höchstdauer 3 Monate für Schüler und 6 Monate für Universitätsstudenten. In Zukunft sollen Praktika vergütungspflichtig werden. Derzeit ist auf freiwilliger Basis die Bezahlung eines Taschengeldes vorgesehen.
Näheres dazu unter:
www.wikilabour.it/Tirocinio%20formativo.ashx
Projektarbeit
(Nur mehr für den
Öffentlichen
Dienst möglich)
Es handelt sich de jure um eine selbstständige Tätigkeit. Der Vertrag muss schriftlich abgeschlossen werden und muss folgendes enthalten:
Arbeitsprojekt oder das Arbeitsprogramm,
Arbeitsleistung,
Entgelt einschließlich Zahlungsfristen und Zahlungsart,
Regelung für den Spesenersatz, Koordinierung der Arbeitsleistung mit dem Auftraggeber und
Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit des Projektmitarbeiters.
Näheres dazu unter:
www.wikilabour.it/Contratto%20a%20progetto.ashx
Teilzeitvertrag Es gibt mehrere Formen der Teilzeitarbeit:
horizontale Teilzeit: wenn an jedem Arbeitstag der Woche die Arbeitszeit verkürzt wird,
vertikale Teilzeit: z. B. 2,5 Tage wöchentlich, 10 Tage monatlich, 100 Tage jährlich
gemischte Teilzeit: Kombination der horizontalen und vertikalen Teilzeitverträge.
Näheres dazu unter:
www.wikilabour.it/Lavoro%20a%20tempo%20parziale.ashx
Telearbeit Bei der Telearbeit werden hauptsächlich Büroarbeiten durch den Telearbeiter nicht in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers durchgeführt und telematisch dem Arbeitgeber weitergeleitet.
Näheres dazu unter:
www.wikilabour.it/Telelavoro.ashx
© AFI 2015
Es gibt noch weitere Sonderformen der Zusammenarbeit mit Betrieben, etwa die kontinuierliche koordinierte Mitarbeit, auch bekannt als co.co.co (collaborazione coordinata e continuativa) oder eine Mitarbeit bei der Personen für die geleistete Tätigkeit Rechnungen ausstellen und über diese bezahlt werden. Diese sind keine Arbeitsverhältnisse im eigentlichen Sinn, und können in Fällen auch als Verschleierung von Arbeitsverhältnissen, sogenannte Scheinarbeitsverhältnisse, eingesetzt werden. Deshalb hat der Gesetzgeber diese Sonderformen der Zusammenarbeit eigenen Regeln unterworfen.
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